Freitag, 25. November 2011

Gesprächsrunde mit Mitsumori-sensei

Am 23.11.2011 hat die Institutsgruppe der Hallender Japanologie eine Gesprächsrunde mit dem Professor Mitsumori von der Senshû-Uni in Tokyo organisiert. Es wurden damals aufgrund des Erdbebens und der Zerstörung des Ishinomaki-Campus' unserer Partner-Uni in Japan Spenden in Höhe von 1050€ gesammelt. Die Senshû hat uns gedankt und weil der Profeessor nun hier ist, baten wir ihn darum einen Vortrag über das Edeben und den Tsunami zu halten. Ich bin auch gebeten worden einen persönlichen Vortrag zu dem Thema zu halten. 
Ich poste hier mein Skript und werde hoffentlich noch einen Mitschnitt des Vortrags bekommen, den ich versuchen werde in den Bog zu integrieren.

"Hallo, ich denke das mich die meisten hier schon kennen, aber für die anderen: Ich bin Yvonne und studiere Japanologie und Ethnologie im 5ten Fachsemester. Letzten September bin ich ein Jahr an die Musashi Universität in Tokyo gegangen. Während ich dort war hat sich das große Tohoku Erdbeben ereignet und ich möchte euch heute erzählen wie ich es erlebt habe. Ich werde ich kurz was zu den Vorbereitungen und Warnungen erzählen, wie ich selber das Erbeben erlebt habe und warum ich nach Deutschland gekommen bin, nur um wieder kurz darauf zurückzukehren um mein Studium fertig zu machen. Wie es in Tokyo dann aussah und wie die Japaner mit der Situation umgegangen sind kommt dann logischerweise zum Schluss.

Wir, also ich und 5 weiter Studentinnen hier aus Halle, sind im September angekommen. Und wir haben von vorne bis hinten alles von der Musashi organisiert bekommen. Wer an dem angegebenen Tag da war wurde vom Flughafen abgeholt und zum Wohnheim gebracht. Gut, ich war daher da, aber das hab ich auch allein geschafft.
Wir wurden von Studenten zur Universität geführt und haben mit ihnen den Formalitäten im Amt erledigt. Und auch in der Uni gab es bevor es so richtig mit dem Studium los ging, was so 5 Tage später war, viele Treffen, Besprechungen und Gruppen die uns auf alles vorbereiten sollten was kommen konnte. Also wie läuft das ab, wo ist was, was müssen wir belegen und wer ist für uns zuständig. Wir haben unzählige Merkzettel und Listen bekommen, Telefonnummern für Notfälle – es kann ja immer mal vorkommend ,dass man bei der Polizei ist oder im Krankenhaus Hilfe braucht. Gut, ich hab mir natürlich gleichem ersten Monat meinen Knöchel gebrochen, aber da hat die Uni nicht soviel geholfen.
Das uns jemand erzählt hat wie man sich speziell bei einem Erdbeben verhält, daran kann ich mich nicht erinnern. Aber gut, man weiß als Japanologe das es hier viele Erdbeben gibt und hat mal im Unterricht als Übungstext mal zwei, drei Maßnahmen durchgenommen. Das haben wir auch an der Musashi, aber es war keine direkte Anweisung für uns.
Da unser Wohnheim nicht direkt von der Musashi war, haben wir dort auch noch mal direkt ein Einweisung bekommen. Wie wird das Postfach geöffnet, wann sind die Küchenzeiten, wo ist der Sammelplatz für Notfallsituation wie ein Erdbeben AHA! Aber wie man sich verhält wenn was passiert...ne, ich kann mich nicht erinnern.

Aber kein Problem, wer rechnet denn mit so etwas.
Und auch wenn alle sagen, dass es andauernd bebt, so hab ich erst nach 2 Monaten mein erstes gespürt. Ehrlich gesagt war ich an dem Tag angetrunken und hab gedacht das ich schwanke, aber ich habe in dem Raum den Fernseher wackeln sehen, da war mir klar, das nicht ich, sondern die Erde der Übeltäter ist. Aber war nicht schlimm. Ein weiteres Mal hab ich morgens ein Beben erlebt als ich noch im Bett lag. Ich bin aufgewacht und hab gedacht „Oh, ein Erdbeben“ und es schaukelt mich wieder angenehm sanft zurück in den Schlaf. Es war nicht das was ich mir unter einem Erdbeben vorgestellt hab. Es ist mehr so gewesen, als sei ein großer LKW an einem dicht vorbeigefahren. Das was man dann auch in Deutschland spürt. Nichts hat geklirrt oder ist umgefallen.
Man hat keine Angst und auch die Nachricht, dass es gerade ein paar Tage vorher in Miyagi ein Erdbeben der Stärke 7 oder so gab, hat uns in Tokyo nicht interessiert, da wir nichts gespürt haben.


Am 11. März bin ich mit meiner deutschen Freundin zur Uni -bedenkt wir hatten Semesterferien- um im Gym dort eine Runde zu trainieren. Mein bester Kumpel war auch dabei und wir haben unser Work-out gemacht. Danach ging es unter die Dusche. Und genau dort befanden wir uns als es passierte.
Zuerst dachte ich in dieser kleinen Duschkabine das ich beim Sport nicht genügend getrunken habe, sodass mir schwindelig ist und halt mich an der Wand fest. Ich hab gemerkt, dass es nicht in meinem Kopf ist, sondern ein Erdbeben. Ein im Nachhinein böser Gedanke, aber ich dachte „Cool, man merkt ein Erdbeben sogar im 3. Obergeschoss!“ Ja, aber es hat nicht aufgehört, im Gegenteil es wurde schlimmer. Also kurz nachgedacht: was soll ich machen? „Im Fall eines Erdbebens Fenster und Türen öffnen und sich unter dem Tisch verstecken“. Äh ja. Also Duschtür auf und Raumtür auf – die Duschen hatte alle noch einen Miniraum davor- und dann standen meine Freundin und ich in einem komplett leeren Raum in Handtüchern und wussten nicht was zu tun ist? Raus? In die Tür zum Flur? Im Handtuch? Im Raum bleiben? Ihre Angst hat mich beruhigt. Ich hab uns gesagt dass die Gebäude erdbebensicher sind. Es war wie ein Mantra in meinem Kopf und hat auch erst nicht geholfen da es noch einmal richtig anfing zu wanken. Man kann es sich nicht vorstellen und ich kann es nicht beschreiben. Man sagt es ist wie Schiff fahren, aber nein, da bewegt sich das Schiff im Ganzen. Aber in einem Gebäude bewegen ich Boden und Wände getrennt.Die Türen knarren und es waren ein paar nicht identifizierbare Geräusche. Aber es ließ dann nach. Ich hab kurz das Shampoo ausgewaschen und bin nach vorne zum Trainingsraum, fragen was wir machen sollen. Keiner da! Und die Tür zum Treppenhaus ist zu! Panik! Also zurück in die Dusche und wir haben unsere Sachen gerafft und so schnell wie möglich raus. Da war der Trainer wieder da und ich schildere unsere Situation, und frag was wir hätten machen können, denn Treppe bei der Stärke wäre weniger gut und der Fahrstuhl steckte fest, wie wir gerade gemerkt haben. Er sagte war schon okay, aber in der Regel raus. In dem Moment fing es wieder leicht an und wir sind raus.
Draußen erstmal setzen und Leute anrufen. Wo ist mein Kumpel? Noch in der Dusche? Obwohl er ne habe Stunde vorher fertig war mit Sport? Kein Freizeichen. Ich versuch es bei den anderen Mädels, wir haben ein starkes Rudelgefühl gehabt. Auch kein Freizeichen. Also haben wir Mails geschrieben die auch rausgingen, aber kein Antwort kam.
Nun ja, die Situation war soweit wieder ruhig. Wir beschlossen heim zu gehen und vielleicht sind die anderen alle zu Hause. 10 Minuten später, als wir an einem Bahnübergang standen kam das oder war es eins der vielen?- Nachbeben. Die Straßenschilder und Überlandleitungen schwangen umher. Die Pachinkohalle neben uns wurde evakuiert, zumindest kamen Unmengen von Japanern heraus. Und alle komplett ruhig, keine Panik, man hat bei kaum der Menschen Angst in den Augen gesehen. Gut dachten wir uns, dann passt das.
Ab ins Yaoya (Gemüseladen) noch schnell Essen kaufen und mal nachhaken ob das ein starkes Beben war. „Naja, es war schon ein Stärkeres. Aber nichts schlimmes“ Gut die müssen es ja wissen. Vor dem Wohnheim saß unsere brasilianische Freundin und wirkte verängstigt und mein Kumpel kam heraus und sprang mir auf den Arm. Er hätte versucht uns zu erreichen. Eindeutig ist das Handynetz zusammengebrochen. Die Mal kam nämlich auch nicht durch. Erst morgens um 4.
Das Office vom Wohnheim hat gesagt wir sollen mit unserem „Erdbeben-Wasser“ uns am besten in der Küche (was auch gleich Aufenthaltsraum ist) zusammen tun, bzw. eigentlich haben wir das gleich auch automatisch gemacht. Keiner wollte im 2. Stock sein und die Nachbeben die alle Viertel-Halbe Stunde kamen allein erleben. Es wurde kontrolliert das die Gasherde wieder funktionieren und Wasser auch in Ordnung ist, aber trotzdem hatten wir an dem Tag Verbot mir Gas zu kochen und Leitungswasser zu trinken. Und dann wird es 18 Uhr. Das Office hat Feierabend und liess uns soweit allein. Und wir schalten den Fernseher ein. Und wir haben gedacht das es NUR ein Erdbeben war, aber die Bilder von dem Tsunami, wie er über den Flughafen in Sendai rollt hat uns erschreckt. Uns wurde in diesem Moment klar was das Erdbeben für Folgen hat, bzw. das es einen Tsunami gab, dass ein Leichenzähler bereits in der Ecke des Fernsehers rund 600 anzeigte. Glaubt mir, in diesem Moment stand uns allen Panik in den Augen!
Wir schauen ununterbrochen die Sendung die alle nur dieselben Bilder zeigten, als ich eine Nachricht auf mein Handy bekommen. Ich habe mich gefreut dass wir wieder Netz haben und wir endlich wissen wo die anderen sind -eine unserer Mädels war noch an einem unbekannten Ort. Aber ich hatte nicht eine Nachricht von ihr, sondern eine SMS aus Deutschland „Tochter! Alles klar bei dir? Ich kann dich nicht anrufen!“ Mein Vater. Und dann wurde uns klar, dass die ganze Welt weiß was passiert ist. Was müssen unsere Familien jetzt denken?
Da ich nicht antworten konnte bin ich ins Zimmer und habe schnell, da ich wieder zurück wollte, Mails an meine Eltern geschrieben, dass wir soweit in Ordnung sind, der Tsunami nichts mit uns zu tun hat und ich wieder in Küche bin, da ich mich dort sicherer fühle.
Aber wir waren nicht mehr solange in der Küche. Wir haben nachher schnell gekocht und dann haben wir uns getrennt. Die Beben sind seltener geworden, zwar immer noch häufig, aber es war ertragbar.
Im Zimmer hab ich dann per Internet Kontakt aufgenommen und 4 Stunden lang Mail beantwortet, bei Facebook geantwortet, per Facebook und Skype mit jedem der online war gechattet. Ich hab immer nur gesagt das es mir gut geht, das Tokyo steht und ich zig Leute habe die das noch wissen wollen und alle haben sie dann auch Ruhe gegeben. Ich habe mit meiner Mutter geskypt und die Lage erklärt, das uns in Tokyo keine Gefahr droht und es war Okay. Das Handynetz ging wieder und ich hab alle „Vermissten“ der Musashi-Leute gefunden, aber die Kurzzeitstipendiaten die in dem Moment auch in Tokyo waren, waren weg. Da sie kein Handy hatten hab ich mein Bestes versucht, da mir auch deren Familie per Skype im Nacken saß, aber ich konnte sie nur damit trösten, dass sie fest saßen und einfach nicht nach Hause kamen. Ich hatte auch Recht, denn eine halbe Stunde nachdem ich dann endlich ins Bett ging -eine Nacht mit sehr wenig Schlaf- sind sie dann in ihrem Wohnheim angekommen.


Der nächste Tag war okay. Es gab Nachbeben,man hat sich irrsinnigerweise schon daran gewöhnt.
Aber trotzdem hat uns eine der Deutschen Hals über Kopf verlassen, wir anderen wollten nicht zurück, trotz der Nachricht dass es in Fukushima zu Problemen gekommen ist und das es eine Explosion gegeben hat.
Wir waren nicht sonderlich beunruhigt, denn die Japaner wirken es auch nicht. Da war wohl was in den Nachrichten was wir nicht verstanden haben . Also sind wir los und haben die Notfallrucksäcke gepackt, so wie eine Mail der Uni es uns empfohlen hat, da Black Outs aufgrund von Fukushima erwartet wurden. Alle Geschäfte hatten auf und es war auch nicht der Teufel los. Mehr als sonst, aber keine Panik. Alle standen ruhig herum, kein Gedränge, allerdings auch kein Wasser und kaum Getränke mehr. Es wirkte unheimlich.
Wir haben vorgekocht für den Fall eines BlackOuts.
Abends habe ich noch einmal mit beiden meiner Eltern geskypt und es war nicht mehr möglich sie zu beruhigen. Es ist eine Sache Erdbeben und Tsunami zu erklären, aber ein Reaktor der kurz davor steht in die Luft zu gehen, so wie es die deutschen Nachrichten verbreiteten, das ist etwas anderes. Die Angst meiner Eltern hat mir Angst gemacht und sie haben es soweit gebracht, dass ich nervlich zusammengebrochen bin. Wie soll ich ihnen klar machen, das wir sicher sind, dass ich nicht nach Hause will? Ich habe es geschafft sie um ein paar Tag zu vertrösten, da ich mit meine Uni absprechen wollte wie ernst die Lage ist und was zu tun ist. Es war klar, dass wir verbliebenen 4 Mädels nicht nach Deutschland wollen, aber abends als mein Kumpel, der Franzose, verängstigt herein kam, dass ihn seine Botschaft angerufen hat -unsere haben wir nie erreichen können nebenbei- und er soll SOFORT Tokyo und Umland verlassen, dass ein weiteres Erdbeben der Stärke 7 angekündigt wurde. Er packt sofort seine Sachen.
Ein Blick bei uns Mädels hat gereicht: Erdbeben allein: okay. Reaktor allein: Okay. Aber Reaktor und Erdbeben: nein, wir buchen. Also haben wir die letzte Deutsch die nicht im Wohnheim wohnt angerufen und haben Bescheid gesagt. sie wollte bleiben, aber wir haben uns gesagt, alle zusammen oder keiner. Ohne große Problem haben wir Flüge für Dienstag gefunden und auch gebucht, sodass wir zeitnah und relativ günstig weg waren.
Wir haben viel geweint und ich dachte ich sehe meinen Kumpel nicht mehr wieder der sofort an dem Abend das Wohnheim verließ.
Wir haben noch mit der Uni abgeklärt das wir nach Hause gehen, es war für alle okay und verständlich, man hat uns noch geholfen wegen es re-entry Dokumentes was zu organisieren, aber da wir aufgrund der zusammengebrochenen Infrastruktur einen Tag Anreise zum Flughafen eingeplant haben (was gut war, denn wir haben den letzten Bus bekommen) nichts mehr organisieren können. Aber alles war am Flughafen möglich. 20 Stunden haben wir dort verbracht, versorgt mit Keksen und Decken, free-Internet und so gut wie keinem Schlaf. Es war voll dort, aber nicht voller als ich gewohnt bin. Keine Angst, auch nicht als nachts ein größeres Beben war.
Alles lief reibungslos: re-entry, Flug nach Malaysia und von dort nach Frankfurt. Wir haben uns immer auf dem Laufenden gehalten was passiert ist,wir haben uns dafür gehasst unsere Freunde zurück zu lassen ohne uns zu verabschieden. Wir kamen uns vor wie Verräter. Aber nach 3 Tagen fast ohne Schlaf sind wir angekommen und alle unser Eltern waren da. Wir waren soweit sicher, obwohl wir uns nie direkt bedroht gefühlt haben. Und trotzdem gaukelt uns der Körper uns auch noch weiterhin das Gefühl vor, als würde die Erde beben. ich hab auch Deutschland immer mein Erdbebenwasser dabei gehabt um zu sehen ob es ein Erdbeben ist oder nur mein Körper. Natürlich war es nur mein Körper.
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.Ich war fertig ich wusste nicht was sich tun soll. Also bin ich nach zwei Wochen nach Halle und habe meine Freunde terrorisiert. Ich habe sie belagert was sich tun soll, um weitere objektive Argumente gebeten. Ich habe auch Kontakt nach Hause gehalten aber ich wollte diesen Zwang und Druck nicht haben. und dann musste ich mich entscheiden, von Seiten der Uni her. Ich habe es mir schwer getan: der eigene Wunsch oder der Wunsch meiner Familie.
Ich hab mich vorerst für mich entschieden und nach einer Woche wieder gut schlafen können. Es stand für mich fest und erzählte es meiner Mutter: sie meinte sie wusste es und es sei von ihr aus okay, solange ich glücklich bin. Meinem Vater wollte ich es erst sagen als ich wieder im Norden war. Ich wollte es persönlich machen und ihn vor vollendete Tatsachen stellen, ich bin erwachsen, ich kann abschätzen was um mich herum passiert.
Er wusste es auch schon, er war nicht begeistert, aber ich bin erwachsen. Er hat mir keine Steine in den Weg gelegt, kein Geld oder sonstiges gestrichen, aber ich sollte nicht mehr von ihm erwarten. Es war die härteste Entscheidung die ich je hatte, es tat mir weh und erschien mir verkehrt obwohl ich sicher war dass es genau das ist was sich will.


Und dann bin ich geflogen: allein, weil keine der Mädchen mit wollte, keiner mehr aus Halle. Wir haben die Chance gehabt ein Semester zu pausieren, aber das kam nie in Frage für mich.
Jetzt war ich allein in Japan, zumindest allein aus Deutschland. Glücklicherweise war mein bester Kumpel wieder da und haben für das zweite Semester unser Bestes gegeben.
Unser Glück das wir schon dort waren. Wir wussten halbwegs was uns erwartet, aber es war hart. Zu meine alten japanischen Freunde hatte ich keinen Kontakt mehr. Ich musste neue finden. Keiner hat meine Sprache gesprochen. Ich habe erkannt was Ignoranz bedeutet und ich hab mich durchgebissen. Ich hab mich mit Unterricht überhäuft, Kontakte geknüpft und es war das Richtige zurückzugehen. Ich habe alle Chancen genutzt die ich haben konnte und konnte mich voll und ganz auf die Kultur einlassen...zumindestens soweit sie mich haben wollte.
Aber in Tokyo war es so als wäre nie was gewesen. Ja, als das zweite Semester anfing gab es eine echte Einführung für uns, wie wir uns zu verhalten haben, wie wir unseren Notrucksack zu packen haben, was wir immer mit uns tragen sollen. Danke, das kommt für uns die dabei waren ein wenig spät, aber gut zu wissen. Wichtiger war für uns die Frage was können wir essen und trinken. Die deutschen Nachrichten haben uns wahnsinnig gemacht. Wasser ist verseucht...manchmal. Spinat und Milch gar nicht mehr genießbar. Was ist okay?
Man riet uns zu gekauften Wasser, dass ist größtenteils importiert und das Essen sei unter ständiger Kontrolle, das sei weniger wild. Zumal zu dem damaligen Zeitpunkt die Radioaktivität noch nicht im Boden war und alles oberflächlich war. Ich persönlich denke jetzt werden die Studenten Probleme haben, aber es ist eine Frage der Information vom Staat. Während ich dort war habe ich kaum etwas mitbekommen. Nur über das deutsche Nachrichtensystem, dem ich aber zutiefst misstraut habe. Im Laden war meistens alles erhältlich. Mal fehlte Spinat, eine Zeit lang waren Milchprodukte rar, aber insgesamt konnte man sich nicht beklagen. Es gab ausreichend Wasser, es waren keine Regale leer gekauft und auch die wenigen ängstlichen Gesichter waren weg. Keiner hat uns mehr abgeraten das Land zu verlassen, unsere ausländischen Lehrer haben über die Panik gelacht.
Trotzdem haben wir alle manchmal gezuckt, denn wir hatten noch immer die Phantombeben in unserem Körper und befürchteten ein weiteres Nachbeben die mit der Zeit bis Juni weniger wurden, dann aber interessanterweise im Wochenrhythmus wieder stärker auftraten. Von der schreckhaften Angst hab ich mich aber zum Durchschlafen gewandelt.
Die Japaner waren froh uns Ausländer zu sehen,aber keiner hat das Erdbeben -dort wird vom Erdbeben nicht von Fukushima gesprochen- von sich aus angesprochen und wenn wir darüber gesprochen haben, dann war es nur ein kleine Anekdote. Die Uni wollte es allerdings für uns häufiger zum Thema machen, aber irgendwann haben wir geschrien: „Wir wollen nicht mehr. Es ist alle gesagt, wir wollen uns nicht mehr rechtfertigen.“ Und es wurde akzeptiert.
Von Zuhause habe ich in jeder Mail die Frage bekommen ob ich schon nachts leuchte oder einen dritten Arm habe, und ich musst bestimmt Regeln befolgen: Nicht nördlicher als Tokyo reisen oder im Meer baden. Zum Teil habe ich sie eingehalten.

Ich leuchte nicht, ich habe keinen dritten Arm. Ich habe richtige Freunde gefunden. Ich bin stolz auf meine Entscheidung, es war insgesamt das best Jahr meines Lebens.


Danke fürs Zuhören."