Endlich wird es Zeit den Japan-Trip neu zu begehen. Aber diesmal aus einer ganz anderen Perspektive: ich bin ein Tourist.
Irgendwie dachte ich, dass das das Ganze einfacher macht, aber anscheinend habe ich mich geirrt. Ich bin ein zu armer (geiziger) Mensch, der einfach zu wenig Erfahrung mit Urlaubsbuchungen hat. Oder Japan macht alles bürokratischer als bisher. Oder die Tatsache, dass ich für zwei plane. Oder die Welt hat sich weiter gedreht. Oder alles zusammen.
Erstmal zurück: ich habe meinen Bachelor in Regelstudienzeit beendet und danach einen Master in Japanologie und Ethnologie drangehängt. Damit war ich in einer Topzeit durch das Studium gehuscht, aber das hilft nicht wirklich bei der Jobsuche. Um nicht direkt beim Arbeitsamt Gast sein zu dürfen, hatte ich meinen neuen Minijob beim Callcenter auf Vollzeit erhöht...und bin da ganze 8 Jahre hängen geblieben. Nicht weil ich es wollte. Aber die Bewerbungen gingen ins Leere und die eigenständige Umorientierung war auch wenig erfolgreich. Also das Umlernen schon, aber das Arbeitfinden nicht. Nun bin ich aber aus dem Callcenter raus und Barista in einer Kaffeerösterei. Hat zwar nichts mit dem Studium zu tun, ist aber dafür toll.
Im Ganzen zeigt das aber auch, dass ich immer im Mindestlohnbereich herumgekrochen bin und auch mein Partner Marcel ist als Altenpflegehelfer nicht wirklich drüber. Viel Geld für teure Urlaube waren nie da. Seit Corona legen wir aber erfolgreich etwas beiseite und haben es nun geschafft unsere Arbeitgeber zu überzeugen uns vier Wochen am Stück Urlaub zu geben.
Also geht die Planung los:
I.
Als erstes der Flug. Uns war klar von wann bis wann aber von wo und ob mit oder ohne Stopp, war unklar. Wir haben was Schickes und absolut Preiswertes gefunden. Mit dem Extra: wir dürfen jeder zwei Koffer á 23kg mitnehmen. Besser geht es nicht!
Als ich den "Buchen"-Button gedrückt hatte, musste ich weinen. Ich bin mir nicht sicher welche Emotion das ausgelöst hat. Das Glück bald wieder in Japan zu sein oder die Angst, dass das jetzt alles Ernst wird. Oder aber der Schmerz, weil ich viel Geld auf einmal ausgegeben habe. Mich hat dieser Moment auf jeden Fall sehr gestresst.
II.
In dem Moment wo wir wussten wann wir fliegen habe ich meiner Freundin Mariko in Shizuoka Bescheid gegeben, dass wir kommen. Ich kenne sie am länger als mein Studium in Tokyo und sie ist auch meine einzige verbliebene japanische Freundin. Ich hatte sie damals kurz vor meinem Abflug besucht und ihre Familie kennen gelernt. Seitdem spreche ich immer von meiner japanischen Familie und es war klar, dass ich sie mit Marcel besuchen werde. Da sie die höchste Priorität hat, habe ich mit ihr den Besuch abgestimmt und den Rest drum herum geplant bevor ich wild irgendwelche Hotels suche.
Mir schwebte ein günstiges Hotel in meiner alten Gegend Ekoda/ Ikebukuro vor. Da kenne ich mich aus und wir sind ja nur zum Schlafen und Duschen dort (und Wäsche waschen). Marcel waren aber meine herausgesuchten Hotels zu klein. Wir konnten uns auf nichts in der Gegend einigen, bis uns einfiel, dass ein Youtuber von einem Hotel ganz begeistert war. Filmchen rausgesucht, das Hotel gegoogelt und siehe da: zwar nicht supergünstig, aber okay. Dafür aber auch in einer Toplage direkt an der Tokyo Station. Von dort aus, können wir direkt überall mit unserem TrainTicket kostenlos hinfahren.
In Kyoto und Osaka wo wir auch hin wollen gestaltet sich die Preislage ganz anders. Ich hätte gedacht, dass Tokyo teuer ist, aber damit lag ich komplett daneben. Währen der ganze Planung zeigt sich, dass Kyoto DER Touristenpunkt schlechthin ist. Dort sind die ganzen klassischen Tempel und Sehenswürdigkeiten. Und Osaka ist dieses Jahr Gastgeber der Expo. Zum Glück hat das Tokyoter Hotel dort auch einen Standort und das haben wir direkt ausgenutzt. Auch hier ist der Preis voll okay und die Lage megabequem.
Hier habe ich mittlerweile nicht mehr geweint beim Buchen, aber es schmerzte sehr so viel Geld auszugeben. Insgesamt immer noch günstiger als im imaginären Masterplan, aber dennoch macht sich der ungeübte geizige Urlauber in mir bemerkbar.
III.
Was wollen wie machen und sehen?
Dieser Punkt umfasst natürlich viel zu viel. Für Marcel werden es viele kleine Dinge sein, die ich schon x-mal gesehen habe. Sowas wie Tokyo Tower oder Asakusa. Für mich gibt es auch einige nette Dinge die wir gefunden haben wie eine Führung über den Fischmarkt. Und natürlich moderne Dinge wie TeamLab, einem Museum für Digitale Kunst. Da sind wir sehr gespannt drauf.
Selbstredend habe ich noch eine Handvoll alter Leute kontaktiert, ob man sich nicht treffen möchte. All die Ideen die schon keinen Platz in diesen 22 Tagen haben werden noch getoppt von Verabredungen. Es wird spannend, wie sich am Ende alles zusammenfügt.
Marcel hat für sich keine große Ahnung, was ihn erwartet oder was er sehen möchte. Aber einen Wunsch hat er: Universal Studio Japan (USJ). Wir überlegten in eins der Disneylands zu gehen, haben uns aber lieber für USJ entschieden. Das Nintendoland macht es attraktiv und mich Meganerd lockt die Wizarding World, wo man durch Hogsmeade nach Hogwarts läuft. Und hier zeigt sich, dass man große Dinge wirklich bewusst rechtzeitig planen muss. USJ hat mich bereits einige Nerven gekostet. Es zeigt sich nämlich, dass USJ in letzter Zeit keine Touristen in den Park lässt, wenn sie Tattoos haben. Die japanische Kultur verbindet mit Tattoos die Yakuza, die japanische Mafia. Da denkt man sich "Aber wir sind doch Europäer", aber da wird kein Unterscheid gemacht. Da Marcel sehr stark tätowiert ist, habe ich kein Onsen, Bad in einer heißen Quelle, geplant, da die dort in der Regel keine Tattoos zulassen.
Das aber USJ so strikt ist, kommt unerwartet. Disneyland ist da streng, was aber nicht verwunderlich ist wenn Kinder im Spiel sind. Aber USJ hat NIRGENDS einen Hinweis darauf auf der Homepage. Es steht nichts in der Hausordnung, also habe ich frühmorgens die englische Hotline angerufen um das abzuklären. Nicht das ich sehr viel Geld ausgeben um dann nicht reingelassen zu werden. Diese englische Hotline war allerdings japanisch. Also habe ich nach einem Jahrzehnt ganz spontan mein bestes Japanisch rausgeholt und nachgefragt, wie es denn mit Tattoos sei. Die Dame war sehr nett am Telefon. Das bedeutet, sie hat für mich eine äußerst schwere Grammatik benutzt. Im Großen uns Ganzen habe ich verstanden, dass Tattoos ok sind, wenn man sie nicht sieht. Auf die Nachfrage nach Hand- und Halstattoos habe ich sie nicht mehr verstanden. Auch nach mehrmaliger Bitte langsam und einfach zu sprechen, hat sie weiterhin sehr höflich und schnell gesprochen. Ich habe mich nett bedankt und habe das Telefonat an einen Muttersprachler ausgesourct. Aber es bleibt dabei: was man nicht sieht ist okay. Daher hat Marcel die Wahl: Schal, Handschuhe und Make-Up oder kein USJ.
Es ist klar wie die Antwort lautet. Nun muss der Spaß gebucht werden. Es ist natürlich kompliziert. Man braucht ein Hauptticket und wenn man ins Nintendoland will, noch ein Extraticket, das zeitfenstergebunden ist. Auf der originalen Homepage kann man Anfang April noch nicht buchen, auf einer deutschen Vermittlerseite (Japanexperience) kann man das Hauptticket buchen, aber generell derzeit kein Extraticket. Auf einer internationalen Vermittlerseite (Klook) kann man das Hauptticket buchen, aber noch nicht das Extraticket. Ich dachte, nun gut, zwei Monate vorher wird es freigegeben. Ne, falsch gedacht. Also schaue ich jeden Tag auf die Seiten und warte, dass es freigegeben wird.
Und siehe da: auf Klook ist es möglich. Wir wollen den 1. April. Aber ich klicke das Extraticket an und der gaaaanze April außer dem 2ten ist schon ausgegraut. Total verrückt. Zum Glück haben wir mehrere Tage in Osaka geplant, daher können wir auch am 2ten hin. Und zum Glück hatte ich mit den Haupttickets gewartet. Nach ca. 1,5 Monaten voller Recherche, Warterei und Telefoniererei habe ich nun endlich die Tickets buchen können. Und niemals nie würde ich in Deutschland so viel Geld dafür ausgeben, zumal nicht zu 100% sicher ist, dass wir Marcel mit den Tattoos reinkriegen. Aber wir sind guter Dinge und freuen uns extrem auf SuperMario, Harry Potter und Jurassic Park.
IV.
Alle anderen Dinge erscheinen zu diesem Problem winzig und einfach. Alle anderen "großen" Attraktionen haben wir problemlos gebucht, bzw. Sachen wie Tokyo Tower machen wir dann spontan. Dadurch, dass ich schon da war, weiß ich wo was zu finden ist und wie das Bahnsystem läuft. Daher war klar, dass ein TrainTicket im Voraus gebucht wird und über den Kumpel war auch klar, wie einfach wir an mobiles Internet kommen. Der zeitliche Masterplan steht und der Großteil der Freunde ist grob eingeplant. Vor Ort werden wird dann genauer.
Zusammenfassend kann ich jetzt schon sagen, dass der Perspektivenwechsel viele Herausforderungen mit sich bringt. Als Student musste ich mich nicht um das Wohnen kümmern, dass stand schon fest. Große Pläne außer zur Uni Gehen hatte ich auch nicht. Japan war vor 14 Jahren anscheinend auch weniger touristenüberlaufen, weswegen das vorzeitige Buchen kaum relevant war. Mobiles Internet war damals kein Thema und selbst mobil sein, war weniger wichtig. Zumindest für lange Strecken. Die ersten Gedanken gehen schon an das Packen. Damals reichte ein Koffer locker für ein Jahr Aufenthalt. Jetzt denke ich bei all den Mitbringsel (für die Japaner), dass die vier Koffer voll ausgenutzt werden (ne, wahrscheinlich nur zweieinhalb). Außerdem hat Marcel kaum Kenntnisse der Kultur, erst Recht nicht der Sprache. Ich wusste damals auf was ich mich einlasse, er tut es nicht wirklich. Also muss ich für ihn in einigen Dingen mitdenken. Ich finde es jetzt schon faszinierend, wie anders es sein wird. Und ich habe schon richtig Lust, diesen Blog dafür weiterzuführen.
Aber jetzt heißt es erstmal noch WARTEN und VORFREUDE genießen.