Montag, 31. März 2025

One day in Osaka

 Der Touristentrip geht wieder voll weiter. Nachdem wir uns über das Wochenende mit wenigen Schritten und sehr bedächtigen aber historisch schweren Sehenswürdigkeiten beschäftigt haben, sind wir wieder in einer Großstadt voller verrückter Dinge.


Wir haben uns entschieden für zwei Tage den Amazing Osaka Pass zu kaufen. Der beinhaltet 40 Sehenswürdigkeiten die kostenlos sind, sämtliche Busse und Bahnen und ein paar Vergünstigungen. Als ich damals einen Tag hier war, hatte ich den auch. Lohnt sich komplett. Und weil man vieles umsonst nutzen kann, will man auch mehr sehen. Wir haben uns gedacht, dass wir klassisch mit der Burg von Osaka starten. Das dachten sich allerdings auch sehr viele andere Personen. Der Spaziergang durch den Burggarten war sehr schön und ruhig. Die Kirschblüte ist in Osaka noch nicht ganz da, aber fast. Aber kaum kommt man in den näheren Burgbereich, sind da unglaublich viele Menschen. Mit dem Amazing Pass hat man aber die Chance schneller rein zu kommen, weil man den Kaufprozess überspringt. Also sind wir fix rein, konnten aber den Menschen natürlich nicht entfliehen. So schön die Burg von außen ist, so langweilig ist sie von innen. Innen drinnen ist es ein Museum. Es werden allerdings größtenteils Schriftstücke ausgehängt und. Uns hätte es viel mehr interessiert, wie die Burg damals von innen aussah. Wenn man kein Japanisch kann, ist es ziemlich monoton sich alles anzuschauen. Trotzdem war der Blick von oben sehr schön.

Spot 1 war abgearbeitet. Weiter sollte es zum Tsutenkaku gehen. Einem sehr alten Fernsehturm der zur Sehenswürdigkeit umgearbeitet wurde. Er ist alt, aber passt in die Gegend Shinsekai. Mittlerweile haben sie auch noch eine Riesenrutsche und "Dive&Walk" hinzugefügt. Dazu später. Auf dem Weg dorthin sind wir erstmal fast in zwei Deutsche gerannt, die neben uns im Flugzeug saßen. Wir hatten sie auch schon auf dem SkyTree getroffen. Japan ist wirklich klein. Auf dem Rückflug werden wir sie allerdings nicht sehen, da sie Mitte der Woche zurückfliegen.

Auf dem Weg zum Tsutenkaku wollten wir den Touristenströmen noch entfliehen und sind am Shitenno-ji gelandet. Das ist ein buddhistischer Tempel mit einem großen Friedhof. Neben einer Pagode hat es noch zwei Schildkrötenteiche und weitere zahlreiche Bethäuser wo Trauernde für ihre Verstorben beten können. Leider war der Haupttempel in Restauration. Generell kann man sagen, das die shintoistischen Schreine für die Lebenden sind und die buddhistischen Tempel für die Toten. So auch der nächste Schrein, der uns auf dem Weg durch seine sehr moderne und beeindruckenden Oni am Eingangstor aufgefallen ist. Dieser Isshin-ji hat eine Buddha-Statue der zu den Knochenbuddhas gehört. Wikipedia erklärt, dass damals Ton und Knochen von Verstorbenen vermischt wurden und daraus die Statuen gefertigt wurden. Nun gut, dass hab ich jetzt erst bei der Recherche zu dem Tempel erfahren. 


Am Ende führte es zum Tsutenkaku. Wir haben erstmal wieder die Aussichtsplattform genossen. Allerdings hat es uns nach all den bisherigen Türmen nicht geflasht. Mich hat nur Chance der zahlreichen Stempel erfreut. Heute war generell ein hervorragender Stempeltag. Ich habe 12 sammeln können. Mit Glück waren es sonst vielleicht vier am Tag (das Tolle daran versteht man wahrscheinlich erst, wenn man in Japan ist). Mit dem Pass wollten wir aber noch die neuen Features am Turm ausprobieren. Die Powerslide ist eine Riesenrutsche. Allerdings war die Warteschlange da schon bei 50 Minuten und die Rutschpartie hat rund 10 Sekunden gedauert. Das haben wir lieber gelassen. Dafür haben wir "Dive&Walk" gemacht. Dazu bekommen man einen Kletteranzug und Helm, wird an ein Seil gehängt und dann darf man auf der unteren Plattform oben auf dem Dach einmal herum laufen. An drei Stellen gibt es kleine Hindernisse über die man klettern kann und Fotos von sich schießt, aber nichts Anstrengendes. Es geht eher um den Nervenkitzel, weil es nebenan rund 26m tief runter geht. Ganz ehrlich, hat uns nicht so gefetzt. 


Der nächste Teil jedoch war schon ne Herausforderung. Aus einer Höhe von 40 Meter springt man auf die 26 Meter runter. Natürlich hängt man an dem Seil, aber ein Großteil ist freier Fall, bis man vom Seil aufgefangen wird. Marcel hatte dazu zu großen Respekt. Ich habe mich getraut. Und zum Glück ist der Anweiser recht rigoros gewesen. Denn auf einer winzigen Metallbrücke durch die man durchschauen kann zu stehen ist ziemlich unangenehm. Wenn man dann noch nachdenkt, dann ist es vorbei. Also bis zum Rand laufen, auf den angezählten Countdown hören und einen Schritt nach vorne machen.... Oh man, das hat ordentlich Puls gegeben. Danach war es sehr schwer die Treppen hinunter zu steigen, weil die Knie so weich waren.

Um dem Touristentag ein würdiges Ende zu geben, sind wir nach Dotonbori. Das Highlight dort ist die belebte Stadt um den Fluss herum und der Glico-Mann ist so ziemlich das Wahrzeichen von Osaka. Glico ist eine der ältesten Schokoladenfirmen hier und der Glico-Mann ist wie der Tsutenkaku aus einer anderen alten Zeit und hat mit einigen Modernisierungen überlebt. Unser Plan war mit dem Amazing Pass eine Bootstour zu machen und die Lichter der Läden zu betrachten. Aber es hat uns dort eigentlich nicht gefallen. Natürlich viele Touristen, aber es war auch relativ ranzig da und tatsächlich gab es dort einige Jugendgruppen die uns stark an Halle Neustadt oder Silberhöhe erinnert haben, nur japanisch. Daher haben wir uns spontan entschieden das Ebisu Turm Riesenrad von Don Quijote zu nutzen. Das ist besonders, weil man gefühlt in so einer Hamsterkugel sitzt und sich seitlich außen am Rad bewegt. Es ist wirklich ein komisches Gefühl, da vor einem nur eine abgerundete Glasscheibe ist und man nach vorne weg schauen kann, nicht wie im normalen Riesenrad über die Band seitlich hinweg. Dummerweise fällt einem auf dem Weg nach oben immer ein, dass man Riesenräder doch eigentlich nicht mag. Tja, wieder ein bisschen den Puls gefordert. Aber natürlich haben wir die Umrundung ohne Probleme geschafft, sodass wir dann den heutigen Touristentrip beenden konnten.


Nach Tokyo, Yokohama und Shizuoka sind wir bisher nicht übermäßig von Osaka begeistert. Ich habe eine ganz andere Erinnerung daran. Es ist hier vergleichsweise schmutzig und es wirkt alles irgendwie alt und heruntergekommen. Die Menschen sind hier auch ganz anders drauf. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass wir erst von unserer liebevollen japanischen Familie gekommen sind.

Sonntag, 30. März 2025

Zuhause bei der (japanischen) Familie

 Freitag

Wie angekündigt sind wir über das Wochenende nach Shizuoka zu der Familie meiner Freundin gefahren. Ich kenne Mariko mittlerweile seit rund 17 Jahren. Ich hatte sie damals über eine Sprachlernseite angeschrieben und gefragt, ob wir schreiben wollen. Sie auf Englisch und ich auf Japanisch. Während des Studiums hat das auch so geklappt, danach bin ich auch ins Englische gefallen. 

In meinem Kurzzeitstipendium ist sie damals zu mir nach Tokyo zu Besuch gekommen und im Langzeitstipendium bin ich für eine Übernachtung zu ihr gefahren. Ich durfte bei ihr, bzw. im Haus der Eltern schlafen und hatte eine schöne Sightseeingtour mit Familienfeeling. Ich durfte noch die Schwester mit der frisch geborenen Nichte und die Cousine kennenlernen. Auch danach hat meine Mutter mit dem japanischen Dad über Facebook Kontakt aufgenommen. Sie schreiben sich jetzt auch schon seit Jahren mehr oder weniger regelmäßig, obwohl sie sich nie in echt kennengelernt haben. Mein Kontakt mit Mariko ist auch mal häufiger oder seltener, je nach dem was passiert oder wie man Lust hat zu schreiben. Als wir wussten, dass wir nach Japan fliegen, hat Mariko es als erste erfahren und wir haben um den Besuch herum die ganzen Sachen geplant.

Die Reise haben wir auf jeden Fall mit dem Shinkansen angefangen. Die Fahrt dauert eineinhalb Stunden und am Anfang der Reise ist dummerweise mein Handy runtergefallen. Diesmal muss es aber so ungünstig aufgekommen sein, dass es das Display zerstört hat. Es ist keine Spider-App, sondern nur ein Miniriss, aber es wird nichts mehr angezeigt, nur ein kleines Flackern. Grandios. Da hab ich ja voll Bock drauf. Nicht nur das einige Leute meine Bilder sehen möchten, ich habe auch das Handy zur Orientierung und Planung genommen. Marcel ist da ein wenig ausgeklammert gewesen. Aber nun ja, was soll man machen. Shou ga nai, wie der Japaner sagt. Immerhin habe ich den Laptop noch mit. Jetzt überlegen wir noch, ob wir hier ein neues Handy kaufen oder in Deutschland.

Unabhängig von diesem Missgeschick kommen wir natürlich superpünktlich in Shizuoka an und Mariko und ihr Vater Toshihide erwarten uns winkend am Bahnsteig. Das macht einen schon echt glücklich so herzlich begrüßt zu werden. Selbst Marcel haben sie herzlich wie einen alten Freund begrüßt, obwohl sie ihn ja gar nicht kannten. 

Zuerst haben wir das Gepäck nach Hause gebracht und danach sind sie mit uns nach außerhalb gefahren um den Shiraito-Taki, einen Wasserfall, zu besuchen. Wir kannten die Planung überhaupt nicht, daher saßen wir nur im Auto und haben uns über die Gegend gefreut. Shizuoka ist zwar Präfektur Hauptstadt, aber im Gegensatz zu Tokyo sehr flach und ländlich. Man hat von hier aus aber einen besonders guten Blick auf den Fuji, wenn er denn will. Vor 14 Jahren hat er sich geweigert sich zu zeigen, aber vom Shinkansen konnten wir ihn schon sehen. Der Wasserfall ist jetzt nicht so riesig wie die Niagara-Fälle, aber er war wunderschön in der Natur und mit den knospenden Kirschblüten war das Setting grandios. Das komplette Kontrastprogramm zu der digitalen modernen Welt in Tokyo. Und nach den Bahn- und Autofahrten war es schön sich wieder zu bewegen. 

Nach nem Happen zu essen ging es zu einem See, dem Tanuki See, von dem man eigentlich DEN Blick auf den Fuji hat, mit Wasser und im Idealfall noch mit Kirschblüten. Aber jetzt war Fuji ein bisschen schüchtern und hat sich hinter den Wolken versteckt. Der See war dennoch sehr idyllisch und ruhig.
 

Es ging zurück nach Hause. Mittlerweile ist auch die Mutti nach Hause gekommen, die konnten wir vorhin noch gar nicht begrüßen. Auch sie hat sich nicht wirklich verändert in den 14 Jahren. Die Eltern sind mittlerweile um die 70/75 Jahre alt. Aber das merkt man ihnen überhaupt nicht an. Und nun ging es erst einmal an den omiyage Austausch. Wir hatten aus Deutschland Haribo und Halloren mitgebracht und meine Mutter hat für alle Frauen der Familie (sieben insgesamt) kleine Kosmetiktaschen genäht, die ich dann noch mit Pröbchen von DM und kleinen Naschsachen befüllt habe. Für Toshi gab es stattdessen ein Bier. Da haben sie sich drüber gefreut. Vor allem weil es selbst genäht war. Ich war froh nun die Koffer leer bekommen zu haben aber nein, die omiyage für uns war enorm. Es lag bereits ein Haufen Naschereien bereit und in einer Tüte waren zahlreiche Pokemonsachen, kleine Tüten, Naschi, Sticker etc. vorbereitet. Dann gab es Socken und kleine Handtücher mit klassischen Japanmotiven .... Ich wusste schon länger, dass Mariko den Shizuoka Pokemon Store leer kauft. Sogar für meine Mutter ist ein kleines Geschenk dabei.

Nachdem wir uns gegenseitig beschenkt haben sind wir in ein Tonkatsu-Restaurant gefahren. Marcel hatte sich das gewünscht und ein alter Klassenkamerad von Marikos Schwester führt dieses Restaurant. Es war wieder unglaublich lecker. Das Gespräch war noch ein wenig holprig. Wir mussten und noch von meinem Sprachlevel finden und Marcel wollte auch immer mitreden, aber irgendwie hat keiner Deutsch verstanden. Das habe ich bestmöglich übersetzt und es ging ziemlich gut.


Samstag

Da Familie Kameyama viel geplant hat, sind wir früh aufgestanden. Viel früher als was man im Urlaub will. Aber die Mutti hatte für uns ein schönes Frühstück gezaubert. Ein kleiner Mix aus europäischem Frühstück mit Spiegelei und Bacon und japanischem Stil, nämlich kleine Schälchen mit beigelegten Gemüse oder Salat.

Auf dem Plan stehen heute traditionelle und historische Dinge. Zuerst ging es zur Okabe Station in Kashibaya. Das ist ein 600 Jahre altes Ryokan. Ein Ryokan ist eine Gaststätte im alten japanischem Stil mit Schiebewänden und Tatamimatten (klar, so war es damals halt). Dieses Ryokan hat man restauriert und in ein Museum umgebaut. Altes Reiseequipment wurde ausgestellt und ganz viele traditionelle Puppen. Die sind noch vom Hanamatsuri, dem Puppenfest, da gewesen. Es ist schon spannend wie klein die Menschen früher waren, aber wie weit die Kunstfertigkeiten schon waren. Generell wirkt das ganze Dorf sehr alt und es wirkt wie früher dort. So ist es auch, als wir zu einem berühmten Soba Restaurant gefahren sind. Wir mussten ein Stück laufen und die Häuser waren wirklich wunderschön alt. Es sah fast wie in Kyoto aus. Soba sind Buchweizennudeln die man gerne auch kalt isst. Sie gelten als erstes Fastfood in Japan und stammen aus der Edo-Zeit.

Gestärkt ging es dann ins Takumishuku, das Traditional Hand Craft Arts Center. Dieses Zentrum ist das was ich an Japan liebe: die Liebe zum Handwerk und der Kunst. Es ist eine sehr schöne und ästhetisch moderne Einrichtung, wo man sich in traditionellen Künsten wie Töpfern, Lackarbeiten, Färben oder Bambusarbeiten ausprobieren kann. Marcel war sehr vom Töpfern fasziniert, aber das hätten wir zeitlich und sprachlich nicht hinbekommen. Also haben wir, Marcel und ich, uns bei den Lackarbeiten ausgetobt und Stäbchen poliert. Dazu haben wir lackierte Stäbchen bekommen und mussten diese so schleifen, dass sie glatt werden. Dabei treten dann untere Lackschichten hervor und geben dann ein individuelles Muster frei, je nachdem für welche Farbe man sich entschieden hat und wie sehr man poliert. Wir saßen da ca. 40 Minuten und haben artig unsere Stäbchen poliert. Und wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Da schätzt man sämtliche Lackarbeiten mehr wert.

Die Zeit drängte langsam, denn für den Abend war noch eine Willkommens-Dinnerparty mit der gesamten Familie geplant. Ein kurzer Stopp noch bei einem Süßigkeitenverkäufer mit traditionellen Naschi wie Mochi, Daifuku oder Taiyaki ging es nach Hause. Dort wurden uns ALLE Süßigkeiten präsentiert. Wir haben uns durchaus zurückgehalten, aber der Berg war schon überwältigend.

Nun kam der Moment wo alle die ich bisher kennen gelernt habe zusammen kommen. Ich war ein bisschen aufgeregt, da auch die Nichten dabei sind, die ich noch gar nicht oder nur als Baby kenne. Marcel wusste auch noch nicht was ihn erwartet. Das Gefühl, dass die nur für uns kommen ist komisch. Es wurde Sushi für alle bestellt und Mutti hat noch Oden, Eintopf, gekocht. Zuerst kam Akiko, die Cousine. Ich mochte Akiko damals schon sehr, da sie eine sehr offene und extrovertierte Person ist. Sie wurde damals eingeladen, da sie mal in Deutschland war und Englisch kann. Wobei sie kein Wort Englisch gesprochen hatte. Es war direkt wie früher, man war sich wieder vertraut und sie ist immer noch so eine tolle Person. Auch mit Marcel hat sie sich auf Anhieb verstanden, soweit es sprachlich ging. Sie hatte ihm die alten Fotos von 1995 gezeigt und von ihren Erfahrungen berichtet. Dann kamen auch die große Schwester mit Mann und die zwei Nichten. Der Empfang war eher kühl, wie waren für die Kids weniger von Interesse und mit der Schwester hatte ich damals kaum Kontakt. Den Schwager hatte ich nicht kennen gelernt. Aber es gab eh erst einmal Essen. Da das Haus relativ klein ist, haben wir nicht alle an einem Tisch essen können. Und Essen gab es wirklich reichlich. Schon vorgesättigt von den Süßigkeiten hat das Sushi kaum Platz gefunden (jaja, wie dummer Kinder im Schlaraffenland).  Wie immer waren alle von Marcels Talent mit Stäbchen zu essen begeistert und dass er so ein netter Mann ist. Da er sprachlich ein wenig raus war, hatte er beim Tischdecken mit angefasst.

Dick und vollgefressen musste sich Akiko schon verabschieden. Da wir noch omiyage vorbereitet haben und ich dazu per Handy meine Mutter zuschalten wollte, habe ich sie per Videocall angerufen und Akiko ihr Geschenk überreicht. Danach ist alles, zumindest in meinem Kopf, laut und wild geworden. Ich habe meiner Mutter mit dem Handy alles gezeigt und allen meine Mutter gezeigt, dabei habe ich versucht bilingual alles gleichzeitig zu erzählen. Meine Mutter und Toshi haben sich so zum ersten Mal "in echt" gesehen. Und als ich der Familie, also den Teil der Schwester, erzählt habe, dass die Täschchen selbst genäht wurden, waren sie superglücklich und haben alle in die Kamera gerufen und gewunken. Wir haben dann damit Gruppenfotos gemacht und das Eis war gebrochen. Man kann aber leider nicht allen gerecht werden: der Mutter am Telefon und der Familie vor Ort die jetzt viele Fragen hat. Daher haben wir das Telefonat nach einem allgemeinem Tschüsssagen beendet. Mit den Nichten und dem Schwager haben wir uns dann noch ein bisschen unterhalten und die Nichten sind sehr neidisch, dass wir ins USJ (Universal Studio Japan) gehen. Es war ein schöner Abend und die Mädels haben uns noch Dankebilder gemalt und geschrieben. Da geht einem doch das Herz auf. Und ein bisschen stolz bin ich auch auf meine Leistung nach ca. 10 Jahren ohne Japanisch diesen Abend souverän überstanden zu haben. 

Sonntag

Der Tag ist ein bisschen später gestartet, da aufgrund unserer Abreise gen Osaka heute nicht mehr so viel auf den Plan stand. Erstmal mussten wir noch alle Katzen kennenlernen. Zwei kamen regelmäßig zum Futtern vorbei. Das waren aber Gemeindekatzen und die hat man an dem Sakura Cut am Ohr erkannt. Das sind so gesehen Streuner die aber kastriert wurden und zur Erkennung wurde das Ohr "beschnitten". Sie waren zutraulich, aber nicht kuschelig. Die Familie hat aber noch zwei Hauskatzen, wobei die nicht im Haus wohnen sondern ihr eigenen Katzenzimmer haben. Eine davon war scheu und ist gleich abgehauen, die andere ältere Katzendame war zutraulich und schmusig. Ich kann mich nicht mehr aktiv erinnern, aber ich habe sie tatsächlich schon vor 14 Jahren kennen gelernt. Ein bisschen traurig wurden wir schon, da wir schon so lange ohne unsere Babies sind. So lange waren wir noch nie getrennt. 

Zum Schluss sind wir in die Stadt. Erst ohne Gepäck, dass wollte Toshi später holen. In der Nähe des Bahnhofs ist zum einen das Präfekturgebäude, da gibt es eine kostenlose Aussichtsplattform. Und die Aussicht in Shizuoka ist eine ganz andere als in Tokyo. In Tokyo sieht man nur Häuser, Häuser und Stadt. In Shizuoka sieht man kleine Häuser, Berge, das Meer und mit Glück den Fuji. Es war nun ein wenig schüchtern hinter Nebel, aber klar zu erkennen. Zu dieser Aussicht haben wir Yasuko mitgenommen, die Freundin von Mariko. Sie war damals mit in Tokyo als Mariko mich besucht hat und war natürlich dabei, als ich in Shizuoka war. Zusammen haben wir diesmal noch die Kirschblüten bewundert. Sie ist am Sonntag in Shizuoka in voller Blüte und der Burggraben der Burgruine ist wunderschön mit den Blüten am Ufer. Ich hatte das als romantisches Märchen abgetan, aber es ist wirklich was besonderes. 

Als finalen Sightseeingspot haben wir das Museum in der restaurierten Burganlage besucht. Die Anlage selbst ist seit dem 12. Jahrhundert vorhanden und wurde damals unter Tobunaga Ieyasu richtig groß ausgebaut. In Shizuoka ist man europäische Ausländer kaum gewohnt und Toshi ist mehrmals gefragt worden wo wir her seien und ob wir Japanisch könnten. Aber man hat uns auch extra herzlich aufgenommen..

Aber alles hat ein Ende. Toshi ist nach Hause unsere Koffer holen während wir mit Mariko und Yasuko noch durch die Innenstadt geschlendert sind. Mutti kam dann auch noch mit zum Bahnhof und hat und noch für meine Mutter ein Extrageschenk mitgebracht und Getränke für die Fahrt. Zum Glück gab es für uns keine weiteren Geschenke. Wir wussten schon gar nicht wie wir die Koffer zu bekommen, obwohl wir unsere Mitbringsel losgeworden sind und erst Halbzeit haben.  Als der Shinkansen kam ging es auch schnell, sowohl die Verabschiedung als auch die Tränen die bei mir flossen. Wie letztes Mal. So schnell und so stark kann man diese Familie ins Herz schließen.

Schnell bringt uns aber der Shinkansen in nur zwei Stunden nach Shin-Osaka (Stadtteil von Osaka) um einen weiteren Teil des Abenteuers zu beginnen. Tatsächlich ist aber mein Gefühl hier anders. Osaka ist nicht mein Viertel. Ich war zwar schon (einen Tag) hier, aber die Leute sind anders. Das Hotel haben wir superschnell gefunden, da es tatsächlich eigentlich auf dem Bahnhof ist. War so nicht geplant, macht es aber auch einfacher. Da Shin-Osaka aber irgendwie nur ein Umschlagpunkt für die Zugreisenden ist und sonst irgendwie abgeschnitten ist, haben wir ausführlich bei der Essenssuche den Bahnhof erkundet und Pläne für die hiesigen Tage geschmiedet. Mal gespannt, wie es sich hier verändert hat

Freitag, 28. März 2025

Digitale Welt

 Der vorerst letzte Tag in Tokyo bricht an. Da wir über das Wochenende nach Shizuoka fahren und bewusst wenig Klamotten eingepackt haben damit wir mehr Mitbringsel, in den Koffer stopfen können, müssen wir mal Wäsche waschen. Ich hatte bei der Hotelrecherche darauf geachtet, dass Wäsche waschen möglich ist. Anscheinend habe ich aber missachtet, dass es in unserem Hotel keinen Münzautomat gibt, sondern einen Wäscheservice. Hört sich super an, aber wir haben dann mal zusammengerechnet und die dreckige Wäsche sortiert um zu schauen, was der Spaß kostet. Ein Schlüppi oder ein paar Socken sind 495 Yen, also 3€. Das mal zwei Leute auf neun Tage plus Shirts und so...macht 108€. Ich weiß ja nicht ob die persönlich mit der Zahnbürste alles rausschrubben, aber das erschient mir als ein sehr teures Vergnügen. 

Googlemaps zeigt uns aber an, dass es einen Wäschesalon in der Nähe gibt, also laufen wir da morgens hin und schmeißen unsere Wäsche rein. 1200 Yen (7,36€) und eine Stunde Zeitinvestition. Und weil Warten doof ist sind wir ein wenig umher gewandert und haben geschaut, ob es vielleicht ein schönes Café gibt. Tatsächlich haben wir das Café Roar gefunden bei der es Rainbow Latte Art gibt. Wie viele kleine Cafés röstet man dort selbst. Es war sehr eng und muckelig, aber der Kaffee sah wirklich richtig gut aus und hat geschmeckt. Wäre ohne Wäsche waschen sonst nicht passiert.

Nachdem wir dann die saubere Wäsche ins Hotel gebracht haben sind wir los um im Bahnhof unsere Sitze für den Shinkansen zu reservieren. Das habe ich schon am Vorabend versucht, bin am Gerät aber gescheitert und die Dame vom Schalter meinte, man könne das nur am Tag der Reise selbst machen. Hab ich nicht geglaubt, aber der Kopf war dicht. Nach einem Youtube Video bin ich nun schlauer und wusste was zu tun ist, dennoch ist das System voller Tücke und ich brauchte drei Anläufe um es zu schaffen. Der ursprünglich geplante Zug war schon ausgebucht, daher nehmen wir einen anderen der 1,5 statt 1 Stunde Fahrzeit hat. Aber das ist egal, dann haben wir 30 Minuten mehr in denen wir den Fuji bewundern können.

Wir konnten den glorreichen Sieg über den Shinkansenautomaten kaum feiern, da wir gleich weiter sind, da wir mit Katja eine Verabredung hatten. Sie wohnt nun so ziemlich genau zehn Jahre in Japan und wenn sie in Deutschland ist, trifft man sich immer. Nun läuft es mal anders herum. Wir holten sie von der Arbeit ab und nach einem kleinen Brunch im FamilyRestaurant sind wir nach Azabudai Hills gefahren. Das ist eigentlich direkt neben dem Tokyo Tower. Aber diesmal machen wir kein Sightseeing sondern gehen ins TeamLabs Borderless. TeamLabs sind immersive, interaktive oder auch digitale Ausstellungen und sind furchtbar beliebt. Wir mussten die Tickets mindestens einen Monat im Voraus buchen. 

Und es hat sich gelohnt. Alles was man über die soziale Medien sehen konnte ist wahr. Und noch viel besser, weil man die optischen Eindrücke kaum einfangen kann. Man läuft durch verschiedene Räume die überall mit Bildern beleuchtet werden. Diese Bilder bewegen sich und wandern von Raum zu Raum. Man kann theoretisch später zurückkommen, aber der Raum ist anders. Manchmal kann man die Wand anfassen und das Bild reagiert oder wenn man im Hauptraum an der Wand lehnt, dann wird man mit eingebaut. Zum Beispiel läuft der "Regen" an einem herunter und vorbei oder digitale Vögel berühren einen und eine Blume wächst hinter einem heraus. 

Das Konzept sieht keine feste Tour vor uns man entdeckt für sich selbst die Reihenfolge der einzelnen Räume. Und es lassen sich einige kleinere Räume finden, wo man vom Hauptkonzept getrennt ist und dann zwischen glitzernden LED Stangen herumläuft und sich wie im Feenwald fühlt oder schwerelos, weil glitzernde Kugeln auf durchsichtigen Scheinen rollen. Neben den Licht- und Spiegeleffekten wird auch mit Düfte gearbeitet. Wenn eine neue Blume blüht, dann gibt es auch einen leicht anderen Duft, oder wenn es zu "regnen" anfängt, kühlt der Raum merklich ab. Wer auch immer die Chance dazu hat: mach es!

In Tokyo gibt es zwei verschiedenen Einrichtungen und wir wollen versuchen noch in die zweite zu gehen.

Nach dem Spaß haben wir uns nach Azabudai Hills angeschaut, aber im Endeffekt ist das nur ein fancy Gebäude mit sehr noblen Geschäften. Wir haben ein CoffeeLab entdeckt und ich habe mich mit Terence über das Rösten unterhalten. Sie rösten dort auf Kundenwunsch kleine Mengen und ich konnte so richtig schön klugscheißern. 


Aber Azabudai Hills war nicht für uns. Daher sind wir zu Katja gefahren um auch Tac wieder zu sehen, bzw Marcel hat ihn erst kennen gelernt. Auch die Hunde Nana und Suzu konnten wir endlich in echt kennen lernen. Nana ist wie unsere Oy, aber Suzu hat sich fern gehalten, sie ist aber generell sehr ängstlich. Damit wir sie nicht weiter stören und um den Tag abzuschließen sind wir zu viert noch Yakiniku essen gegangen. Dabei hat man einen kleinen Rostgrill im Tisch und ein Tabehodai. dass heißt, man kann so viel bestellen wie man will. Das Fleisch grillt man sich direkt so viel man will am Tisch. Es ist vom Essen und dem Zeitaufwand ein wenig wie Fondue oder Raclette. 

Dick und kugelrund ging es dann für uns zurück. Da wir am Freitagmorgen zeitig nach Shizuoka fahren wollen, müssen wir noch Koffer packen. Spoileralarm: wir sitzen gerade im Shinkansen. Und ich habe mein Handy geschrottet. Bin temporär nicht erreichbar. Da wir bei meiner Freundin sind, weiß ich auch nicht genau, ob ich den Blog täglich schreiben kann. 

Donnerstag, 27. März 2025

Butter bei die Fische

Mittwoch ist bisher mit 25 Grad der wärmste Tag. Und wie man es aus Japan kennt, ist die Luftfeuchtigkeit nicht gerade die angenehmste, aber noch auszuhalten. Wir haben um 11 Uhr eine Tour über den Tsukijimarkt gebucht. Tsukiji ist der größte Fischmarkt der Welt. Hier werden die großen Thunfischauktionen durchgeführt. Nun ja, korrekterweise war es Tsukiji, der Fischmarkt wurde nach Toyosu umgesiedelt, aber der sogenannte "Outer Market", also da wo gekocht und offiziell verkauft wurde, blieb noch an alter Stelle.


Ich hatte eine nette kleine Tour über den Markt mit Verkostung gefunden die wir mitmachen wollten. Dazu sind wir überpünktlichen Deutschen schon frühzeitig aufgebrochen. Da der Treffpunkt relativ nah bei uns war, sind wir gemütlich hin spaziert. Und man merkt, dass der Frühling da ist. Auf den Straßen blühen einige Bäume, die Kirschblüte aber noch nicht ganz, und die Sonne britzelt auf uns nieder. Der Treffpunkt war einfach zu finden, da es der Haupteingang zum Tempel Tsukuji Hangwanji ist. Obwohl wir sehr zeitig da waren, standen schon einige Touristenführer herum und warteten auf uns. Keiko-san war unsere Tourguide. Sie ist eine ältere Dame und hatte einige Jahre in Amerika gelebt. Mit uns startet ein amerikanisches älteres Pärchen aus Atlanta und später stößt noch ein Paar dazu, aber die haben sich nicht richtig vorgestellt und haben die ganze Zeit auch komische Sonderbefinden gehabt. Ich nehmen von Dialekt Franzosen oder Russen an. 

Zuerst stellte Keiko-san uns den Tempel Tsukiji Hingwanji vor. Er ist von seiner Architektur äußerst ungewöhnlich. Ursprünglich stand er in dem Bereich Asakusa, aber nach einem großen Feuer wurde er dann am Tsukiji neu erbaut. In Japan ist Neuerbauen nicht zwingend damit verbunden das es 1:1 identisch ist. Hier geht es um die verehrte Personen oder Götter.  Da es hier um einen buddhistischen Tempel handelt hat sich der Architekt von indischen Bauten inspirieren lassen. 

Und dann ging es direkt nach nebenan auf den Fischmarkt. Rückblickend ist der Bereich wesentlich kleiner als erwartet, aber mittwochs hatten viele Läden zu. Leider auch die alten Auktionshallen. Nichtsdestotrotz hat Keiko-san ihr Bestes getan um das zu kompensieren. Zuerst gab es eine Leckerei aus Fischkuchen. Das war ein Spieß mit drei verschiedenen Variationen: Mais, Tintenfisch und Nori (Seetang). Fischkuchen ist eine recht feste, gummiartige, aber nicht zähe weiße Masse die dann in den Variationen gewälzt wurde. Sehr lecker! Wer Ramen isst: dass ist das weiß-rosa gekringelte Zeug. In einer weiteren Station gab es einen Spieß mit Level 4 Wagyu. Wagyu bedeutet lediglich japanisches Rindfleisch. Kobe-Beef ist auch Wagyu, aber nicht jedes Wagyu ist aus Kobe. Das Level ist dennoch sehr hoch an dem Stand gewesen und das Fleisch war nur kurz gegrillt. Unglaublich samtig und weich. Es zerfloss regelrecht auf der Zunge. Diese Beschreibung habe ich schon häufiger dafür gehört, aber konnte es nie greifen. Jetzt erst verstehe ich es. Marcel war auch absolut begeistert. Und ihn haben all die Eindrücke der essbaren Dinge abgelenkt. Ganze Krabben, Muscheln, Wagyu, Nori.....  

All die interessanten Infos von Keiko-san weiterzugeben würde den Rahmen hier sprengen. Sie hat uns Pärchen allen eine Tüte mit Konbini-Produkten zusammengestellt. Als Entschuldigung, dass viele Läden geschlossen haben und Dinge reingepackt die sie selber sehr gerne mag. Einige Produkte bestehen seit ihrer Kindheit und sie ist definitiv eine Rentnerin. Nach einem kurzen Schreinbesuch wo sie uns noch erklärte wie man betet und omikuji zieht -die Amerikaner waren unglaublich wissbegierig was tägliche Rituale und Manieren angeht- sind wir dann zum Schlusspunkt gegangen: ein kleines Sushi-Menü. Deutsches Sushi ist kein Vergleich zu der Fische und der Beschaffenheit des japanischen Originals. Und schon war die Tour rum. 

Marcel war angefüttert, also mussten wir noch mal zu zweit durch die Reihen stöbern. Und nach einem gegrillten Tintenfisch (Ika) haben wir uns an der Bahnstation noch ein traditionelles Taiyaki gegönnt um uns dann zum Tokyo Tower zu machen. Zwar hat der SkyTree mittlerweile den höchsten Aussichtspunkt, aber dennoch ist der Tokyo Tower eines der Wahrzeichen von Tokyo. Und er hat sich gemacht. Er war damals schon ein wenig altbacken, aber er ist restauriert und der Besuch des Oberdecks, was tatsächlich teurer ist als beim SkyTree, hat eine wunderschöne Aussicht mit vielen Infos seit Bau des Turmes. Es ist alles aufpoliert und dem neuen Influencergeschmack angepasst worden. Marcel fand es trotzdem nicht so prickelnd. Ich mag jedoch den alten Charme.

Zum Schluss ging es abends dann nochmal nach Shinjuku. Nach dem Minibesuch ein paar Tage vorher um die Lichtshow am Metropolitan Building zu bewundern, sind wir nun ins komplette Gewusel gegangen. Und ich merke wieder: ich hasse Shinjuku. Es ist mir zu groß, laut und viel zu viele Menschen. Die Tatsache, dass diese Trilliarden Menschen in dem größten Bahnhof der Welt sind und dieser durch die Größe auch nicht gerade übersichtlich ist, kann einen nur fertig machen. Aber Instagram hat uns Dinge gezeigt, die Marcel sehen wollte. Zum einen die 3D Katze. Es gibt einen riesigen Werbebildschirm, wo man eine Katze sieht, die dort liegt, spielt, schläft. Die ist viral gegangen. An dem Platz standen auch Tausende Touristen und haben auf das Filmchen gewartet. Aber die Katze ist nur immer kurz in Form von Werbung aufgetaucht. Sehr enttäuschend. Da ist der Hachiko auf dem Bildschirm in Shibuya besser gewesen. Zum anderen: Godzilla. Im tiefsten Gewusel über einem Kino schaut ein Godzilla über das Gebäude. Und nicht dieser Winzdino wie in Ginza, sondern er schaut aus einer Höhe von 60m oder so herab. Das ist schon cool, aber dann ging das Licht des Kinos aus, und Musik wurde eingespielt. Godzillas Augen begannen zu glühen und er "spie" blaues Feuer. Das kam für uns unerwartet und hat Spaß gemacht. 

Dennoch war es komplett überlaufen und voll, also sind wir nach dem langen Tag nach Hause. Wir laufen momentan durchschnittlich 20.000 Schritte durch Tokyo. Zwar tun die Füße mittlerweile nicht mehr weh, aber man merkt, dass der Körper das auf Dauer nicht gewohnt ist und abends den Tribut fordert. Also sind wir ins Bett und statt den pünktlichen Blogeintrag zu schreiben, haben wir einfach nur Netflix geschaut.

Dienstag, 25. März 2025

Auf nach Hogwarts

 Eins der Sachen die wir unbedingt in Tokyo machen wollten ist: Hogwarts besuchen.

Wir lieben Harry Potter und in Nerima, meinem alten Viertel, ist eine dauerhafte Studio Tour von Harry Potter. Also haben wir natürlich schon vor Monaten Tickets gekauft und sind heute frühzeitig nach Nerima gefahren. Lustige Geschichte: An dem Bahnhof Toshimaen, da wo wir heute auch hin mussten, ist ein großes Kino in dem ich damals einige Filme geschaut habe. Unter anderem: Harry Potter 7 Teil 1. 


Die Studio Tour zu finden ist supereinfach. Und schon auf der Außenanlage sind einige themeninspirierte Kunstobjekte zu finden. Es sind auch schon einige Menschen da, aber tatsächlich nicht so viele wie ich erwartet habe. Obwohl wir superüberpünktlich sind, hat man uns auch direkt reingelassen. Wir haben ein normales Ticket und ein Special mit Audioguide und Buch. Da der Audioguide nur auf Japanisch oder Englisch ist, habe ich ihn genommen und nebenbei einige nette Infos mitgehört. 

Nach einer kleinen Filmansage was uns erwartet etc ging es auch direkt in die Große Halle. Da mag der kleine Nerd in mir sprechen, aber ich hatte Gänsehaut, als sich das Goldene Tor öffnete und auch später, als wir ins Zaubereiministerium gekommen sind. All die Räume sind unglaublich detailliert dargestellt. Und es gibt viele kleine Ecken wo man mit Fotos und Filmchen experimentieren kann (kostenlos). Die Aussage im Begrüßungsfilm, dass es sich hierbei um einen Liebesbrief an die Filmmacher handelt, ist absolut wahr. Der Andrang an Menschen ist gut reguliert, sodass man kein Gedränge hat und sich auch nicht gehetzt fühlt. 

Ich möchte gar nicht in die Details gehen. Zum einen langweilt es hier in dem Japanblog Harry Potter Sachen zu lesen, zum anderen muss man das einfach selbst erleben. Die Tour hat rund vier Stunden gedauert, ohne Essenspause. Das hat man von außen gar nicht gedacht. Und natürlich kann man der Geldmaschine der Wizarding World Unmengen an Geld zuwerfen an den zahlreichen Souvenirständen bzw. an der großen Fotostelle. Aber in unseren Augen war es das wert.


Eine eher weniger lustige Geschichte nebenbei: Wir hatten eine kleine Essenspause gemacht und auch die Toilette aufgesucht. Danach waren wir dann auch einige Zeit schon wieder auf der Tour, bis Marcel auffiel, dass er seine kleine Bauchtasche nach dem Essen vergessen hat.  Na toll. Aber ich war ziemlich ruhig. Überall wäre ich ausgerastet, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Tasche in Japan weg kommt ist NULL. Natürlich war der Reisepass drin und das (leere) Portemonaie. Klar ist Marcel da unruhig, aber wir waren schon fast durch. Ich habe auf dem Weg eine Mitarbeiterin gefragt und sie bestätigte mir, dass gefundene Sachen am Anfang bei der Information abgegeben werden. Da sind wir dann auch nach der Tour hin bevor wir die Souvenirs durchforstet haben. Und sie da, die Tasche wurde artig abgegeben und alles war noch drin. 







Nach dem langen Ausflug in die Zauberwelt sind wir nochmal in Ruhe in Ikebukuro rumgestromert. Hoshino ist am Vortag zu durchgerannt, dass wir keinen Blick nach links oder rechts werfen konnten. Daher gab es heute eine Runde in Don Quichote und Book Off. Leider ohne wirkliche Kauferlebnisse. Genauso im Poke-Center, wo ich gestern nicht nochmal rein bin. Trotzdem haben wir für Freunde einige bestellte Mitbringsel ergattern können.


Montag, 24. März 2025

My Hood

 Laut der offiziellen Planung hatten wir heute nichts vor. Aber auch nur, weil wir das tatsächlich am ersten Tag schon mit erledigt hatten. Allerdings hat sich gestern noch ein Freund gemeldet, dass er heute spontan Zeit hätte. Perfekt!

Ausreichend ausgeschlafen, Marcels Husten wird wieder besser, sind wir entspannt gegen 10 Uhr morgens los. Da ich die ganze Zeit heiß drauf war, musste ich in das Poke-Center hier im Viertel gehen. Der ein oder andere mag jetzt genervt die Augen verdrehen, aber jedes Poke-Center hat tatsächlich seine eigenen Plüschis oder anderen besonderen Merchandise. Außerdem ist das Hauptpokemon ein anderes. Die wissen definitiv wie sie Geld machen.


Also sind wir rein und ich suche natürlich mein Lieblingspokemon, Onix. Ich finde einige Sachen mit der Weiterentwicklung Stahlos, aber tatsächlich wird mein Pokemon anscheinend diskriminiert. Es gibt nur einen Sticker und einen kleinen Anhänger. Fertig! Aber dafür gibt es 20 verschiedenen Pikachus und Evolis. Naja, ich mag halt Dinge die anders sind. Und dafür bin ich dann auch schneller durch. Ich halte mich mit den Einkäufen auch noch ziemlich zurück, da ich mir immer denke, dass ich es nur süß finde, aber nicht wirklich gebrauchen kann. Mal schauen, wie lange diese Einstellung noch hält.

Direkt danach sind wir nach Ekoda gefahren. Mein altes Viertel in dem ich damals wohnte und zur Uni gegangen bin. Alleine schon beim Umsteigen in Ikebukuro war ich schon sehr emotional. Und als wir dann in Ekoda ausgestiegen bin, hatte ich feuchte Augen. Es ist alles so gleich, aber auch so anders gewesen. Da wir bis zur Verabredung noch Zeit hatten, sind wir zum Wohnheim gegangen. Auf dem Weg konnte ich tatsächlich ziemlich genau sagen, welches Haus noch nicht stand oder welches ersetzt wurde. Der Gemüsehändler war auf der andern Straßenseite, aber der Verkäufer war noch immer derselbe. Das Wohnheim selbst, das alte Gebäude in dem ich wohnte, steht noch und ist unverändert. Dafür hat aber der Kindergarten der mit integriert ist, ein neues Tor und mehr Platz zum draußen Spielen. Wir standen vor dem Tor und ich habe Marcel erklärt wo mein Zimmer war, die Küche, wo Yoann damals lebte und dann sind wir zusammen den alten Weg zur Universität gegangen.

Auf dem Weg sind wir nochmal an dem Yaoya, dem Gemüsehändler, vorbei gekommen und ich habe den Händler gefragt, ob ich mich recht entsinne, dass es vorher gegenüber war. Ich hatte Recht. Er schaute mich an, weil ich sagte, dass ich vor 14 Jahren hier gelebt habe, aber ich befürchte, er hat mich nicht erkannt. Schade. Schließlich bin ich damals jeden Morgen an ihm zweimal vorbei gelaufen und wir haben uns immer gegrüßt. Nun ja, ich war halt nur eine Kundin von vielen.

Die Musashi University hat sich seit meinem Studium tatsächlich verändert. Ein Gebäude wurde während meines Aufenthaltes abgerissen und noch nicht gang fertig gebaut. Und in diesem Moment war ein weiteres Gebäude in Arbeit. Trotzdem musste ich eine Träne verdrücken als ich vor dem Campus stand. So viele Erinnerungen und alle sind tatsächlich gut. Dadurch, dass ich allerdings nicht mehr studiere und mein Professor erst in zwei Wochen da ist, bin ich nicht auf den Campus gegangen. Das machen wir, wenn wir mit Brian verabredet sind. Zu viele Emotionen würden mich heute fertig machen.


Also zurück zum Bahnhof und dort haben wir auf Hoshino gewartet. Er war kein Student, aber wir hatten uns auf dem Tag der offenen Tür der Uni damals kennen gelernt. sind über Freunde dann zusammen ins Kino und hatten eine schöne Zeit. Dadurch, dass er keine große Erfahrung mit Ausländern hatte, war es für mich immer schwer mit ihm zu reden, da er sehr umgangssprachlich spricht. Und vom Schreiben will ich gar nicht erst reden. In den letzten 14 Jahren gab es eher nur Glückwünsche zum Geburtstag und sehr selten mal ein "Wie geht`s?". Ich gestehe, ich habe nicht viel von dem Treffen erwartet und war schon überrascht, dass er es überhaupt wollte. Zumal er auch wusste, dass Marcel dabei ist. Für Marcel wiederum war es klar, dass es eher langweilig wird, sprachlich bedingt.

Aber es war tatsächlich wesentlich entspannter und auch vom Verständnis sehr gut. Ich muss mich selbst loben, dass ich anscheinend doch wieder gut in die Sprache reingefunden habe. Für SmallTalk reicht es lockerflockig. Und es war lustig wie unterschiedlich die Zeitwahrnehmung ist. Er dachte, es sei erst 10 Jahre her und ich sei 3 Jahre in Tokyo gewesen. Schön wär es. Dafür erinnerte er sich an meine Präsentation die ich auf dem Unifest halten musste. Das hatte ich total verdrängt. Und er hatte tatsächlich noch von damals Fotos von dem Unifest auf dem Handy. Verrückt!

Die beiden Jungs haben sich tatsächlich trotz Sprachbarriere gut verstanden. Sie haben beide Tattoos und rauchen, damit ist das Wichtigste geklärt. Und ich denke, das sich auch ausreichend übersetzen konnte, damit das läuft. Sogar so gut, dass wir nach einem guten Kaffee noch zusammen nach Ikebukuro gefahren sind. Dort habe ich damals auch viel Zeit im Book Off und anderen Geschäften verbracht. Mittlerweile hat sich das Viertel zum Anime-Mekka entwickelt. Selbst Akihabara soll nicht mehr mithalten können. Die vertrauten Ecken waren aber noch alle da. Sunshine City, das größte Einkaufszentrum, hat sich aber gemacht. Mittlerweile ist ein Aquarium drin (nein, diesmal waren wir nicht drin), ein Kulturzentrum mit Ausstellungen (aber leider nicht für uns) und....Überraschung....ein Poke-Center. Mit dem Jungs im Gepäck bin ich aber nicht rein und habe mich mit Fotos begnügt. 

Nachdem wir zusammen ein Purikura gemacht haben, Fotos in einem Foto-Automaten, ist Hoshino dann nach Hause. Wir sind noch weiter nach Shinjuku. An dem Metropolitan Building werden derzeit Filmchen auf das Gebäude gestrahlt. Über das Handy kann man die passende Musik abspielen. Das wollten wir uns anschauen. Aber schon auf dem Weg dorthin hat uns die Müdigkeit eingeholt. Marcel wahrscheinlich wegen Schlafmangels wegen des Hustens und ich, weil mein Kopf heute sehr viel arbeiten musste. Oder ich brüte was aus. Wer weiß. 


Die Lichtshow haben wir trotzdem gesehen. Und leider was es nicht so spektakulär wie wir dachten. Die besonderen Nummern mit Godzilla zeigen sie nur am Wochenende. Schade. Also ab nach Hause und nun sind wir früh heim. Gehen aber auch früh schlafen, da wir morgen einen relativ zeitig gebuchten Termin haben. Das wird toll!



Sonntag, 23. März 2025

Von Tokyo-Eki nach Ueno und zurück

 Nach dem späten Abend hatten wir für Sonntag sowieso ein sehr entspanntes Programm vorgesehen. Erstmal ordentlich Ausschlafen und dann einen entspannten Tag in Ueno und seinen Museen.

Marcel hat leider am Vortag eine Problem mit der Klimaanlage bekommen. Wenn wir im Hotelzimmer oder woanders drin sind, dann muss er fürchterlich husten. Nachts ist das natürlich ganz schlimm. Wir Deutschen sind die Klimaanlagen und die dadurch sehr trockene Luft nicht gewohnt. Und als wir heute morgens geduscht haben, wurde es auch extrem warm im Zimmer. Ein Grund mehr viel Zeit unterwegs zu sein.

Ueno ist mit der Bahn nur einen Katzsprung entfernt. Und Katzensprünge kann man gut laufen. Laut GoogleMaps nur 55 Minuten. Ein Klacks bei dem Wetter. Es waren wieder 25 Grad angesagt. Die Strecke war auch einfach nur geradeaus. Und tatsächlich hat es ungefähr 4 Stunden gedauert da zu sein. Der Masterplan für den ganzen Urlaub sieht so aus, dass wir große Sachen schon gebucht haben und sonst die Tage nach Regionen und ggfs kleinen Sachen aufgeteilt haben, damit bleibt uns maximale Flexibilität. So auch heute. Der Weg führt von Tokyo-Eki nach Nihonbashi. Auch noch ein sehr edles und aufgeräumtes Viertel voller Edelboutiquen und Marken. Aber hier finden sich auch kleine Juwele wie ein künstlerischer Upcyle-Laden. Die Roboter im Schaufenster haben uns aufmerksam gemacht und drinnen haben wir tolle Sachen aus alten Maschinen, Materialien oder Stoffen gefunden. Wir sind mit einer Designerin ins Gespräch gekommen die alte Kimonos in neue Klamotten verarbeitet. Superschön, aber für das Portemmonaie ein wenig zu teuer. Zumal die Gefahr sehr groß ist, dass man es nicht wirklich anzieht.

Nach Nihonbashi sehe ich vertraute Hochhäuser und erkenne: der Weg führt uns direkt durch Akihabara. Das bekannte Elektroviertel ist immer noch DAS Viertel für Animefans oder Spielefreunde. Man findet unglaubliche viele Fanshops, GatchaGatcha und Greifautomaten oder Shops die sich auf Sammelkarten spezialisiert haben. Und Maid-Cafes.

Als erstes fiel mir jedoch ein Taiyaki-Stand auf und erkannte, dass es der Stand ist, wo es Karpador-
Taiyaki gibt. Für alle Nicht-Japan-Nerds: Karpador ist ein Pokemon in Fischform, an sich das schwächste und sinnloseste Pokemon, aber es hat Kultstatus. Taiyaki sind Waffeln in Fischform die traditionell mit der Rotenbohnenpaste (Anko) gefüllt ist. Also ist es das, was wir essen müssen. Es war auch superlecker. Marcel liebte die Cremefüllung und ich hatte Rote Bohnen mit Kastanie.

In Akihabara waren wie immer viele Maids, Mädchen in niedlichen Kostümen, die Menschen ansprechen um mit ihnen ins Maid-Cafe zu gehen. Nun ja, long story short: wir wollen ja alles machen. Also sind wir mit einem süßen kleinen Mädchen in ein Cafe. Natürlich lag die Hauptkonversation bei mir, aber Arare, so hieß die Kleine, hat es gut gemacht. Natürlich ist das ein sinnloses und teures Vergnügen, aber die Mädchen bedienen ein echtes Bedürfnis. Hört sich verbotener an, als es ist. In Maid Cafes gehen Männer um mit Mädchen zu sprechen und ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Ja, oder auch eklige Typen die nen Fetisch haben. Aber es geht im Endeffekt darum, dass du dem Mädchen entweder einen ausgibst oder etwas zu essen bestellst, wo sie dann mit Schokosauce oder Ketchup Dinge drauf schreibt. In dieser Zeit ist sie für dich da und unterhält dich, zollt dir Aufmerksamkeit und tut so, als wärst du die interessanteste Person überhaupt. Obwohl wir sehr zurückhaltend mit dem Konsum waren, hat Arare ihren Job echt gut gemacht. Obwohl sie kein Englisch kann, hat sie das Gespräch super geleitet und uns wirklich aufmerksam zugehört, auch Marcel. Das muss man ihr lassen. Und natürlich wird die verbrachte Zeit mit Geld aufgewogen. Das Cafe selbst war...nun ja....in meinen Augen nichts wo ich meine Zeit verbringen möchte. Aber da gibt es unterschiedlichste Formen und Themen, je nach Geschmack. Es war eine Erfahrung wert und wir haben was zu erzählen. Natürlich gibt es in Japan auch das Gegenstück für Frauen: Host-Clubs.

Weiter führt uns der Weg dann nach Ueno, aber auf dem Weg haben wir noch eine kleine Rösterei entdeckt. Vorranging beruflich bedingt haben wir dort gehalten und noch einen Kaffee genossen. Der war auch wirklich gut, sodass wir gestärkt in Ueno angekommen sind. Statt aber direkt in den Park mit den Museen zu gehen, fiel der Blick in die Nebengasse und wir sind in der Ameyoko Dori, einer weiteren sehr bekannten Einkaufsstraße eingetaucht. Dort war es, wie überall, voll, aber nicht ganz so sehr voller Touristen. Hier war das Hauptaugenmerk auch nicht auf Mitbringsel, sondern auf Lebensmittel. Es gab einige Fischhändler oder Gemüsestände und man kannte superfrisches Sushi genießen. Was wir natürlich taten. Marcel ging es vorrangig um Austern und die waren unvergleichlich zu denen die wir damals in Wien gegessen haben.

Danach hatten wir auch kein Bock mehr auf das Rumgewusel und sind in den Ueno Park. Und Überraschung: hier fand ein Kirschblütenfest statt. Tatsächlich knospen erst zwei Bäume, aber auch hier wird es erst nächste Woche romantisch rosa sein. Überall waren Fressbuden aufgebaut und zahlreiche Menschen saßen bereits wie bei der Kirschblütenschau auf dem Rasen und picknickten. Wir waren begeistert, dass es mehrere Extrazelte gab, wo man seinen Müll abgeben konnte, getrennt natürlich. Deutschland schafft es gerade mal ne Extratonne hinzuklatschen.


Am Ende des Parkes angekommen sind wir in das Naturwissenschaftliche Museum gegangen. Wir wollten Dinos sehen. Tokyo hat eines der drei einzigen vollständigen T-Tex Skeletten. Es ist beeindruckend davor zu stehen und zu sehen, wie groß die Tiere damals waren. Der große Langhals-Dino (ich bin nicht sicher welcher genau) ist gerade in Osaka zur Expo unterwegs. Dennoch sind sie alle riesig. 


Man hat uns mit der Schließung mit rausgescheucht und wir sind auch direkt zurück nach Hause gelaufen. Spannenderweise war der Weg nun viel kürzer. Irgendwie kamen wir schneller voran. Dennoch hatten wir die Augen offen um noch richtig zu Abend zu essen und mir fiel ein Tempura-Restaurant ins Auge. Klein und schnuckelig. Man sitzt direkt vor dem Koch und sieht genau, wie frisch die Zutaten sind und wie er es zubereitet. Die Preise waren allerdings für Tempura recht hoch. Aber man merkte, dass wir uns was Gutes ausgesucht haben. Geschmacklich war es auch herrlich. Die Meeresfrüchte waren sehr zart und das Gemüse saftig. Es gab Gemüse, das wir noch nie gesehen haben (Pestwurz). Durch ein Gespräch mit dem Sitznachbar kam auch raus, dass es eins der besten Tempura Restaurants der Stadt ist. Satt, aber nicht vollgefressen wie die letzten Tag ist es zurück ins Hotel gegangen.

Wir haben mit dem Hotel bezüglich der Klimaanlage und dem Husten gesprochen. Nun experimentieren wir mit der Klimaanlage herum, wie es am besten ist und haben einen Luftbefeuchter bekommen. Mal schauen ob es klappt.

Im Hafen der Zukuft

Wir haben am Samstag die Hochburg Tokyo verlassen und sind zu meinem Lieblingsort in Yokohama gefahren: Minato Mirai.

Als Touristen fahren wir nicht zwingend bis zur letzten Haltestelle, bzw, dadurch, dass wir mit dem RailPass nur die JR (Japanese Railway) kostenlos nutzen dürfen, fahren wir nicht zwingend an jede Station, weil wir dann bezahlen müssten. Aber so läuft man durch die Straßen und bekommt mehr mit.

Daher sind wir am Hauptbahnhof Yokohama ausgestiegen und zum Hafen gelaufen. Auf dem Weg lag das Pokemon Center und ich dachte, dass kann man doch gleich mitnehmen. Für unsere Verhältnisse waren wir recht spät unterwegs, aber viele Geschäfte machen erst um 11 Uhr auf. Das Poke-Center schon um 10:30 Uhr, aber da standen einige Menschen artig in Reih und Glied vor dem Einkaufszentrum. Wer weiß, da macht bestimmt ein neuer Laden auf und wir haben uns dazu gestellt, waren ja nur noch 10 Minuten oder so. Da kam ein netter Mittarbeiter und fragte ob wir ins Poke-Center wollen. Ja. Dann wollte er uns ein Kärtchen mit dem Zeitfenster 12:30 Uhr geben. Das fand ich sehr verwunderlich und fragte ob es denn heute ein spezielles Event gibt, weswegen der Andrang anscheinend so hoch ist. Das sei es nicht direkt, sagte er, sondern es wurden an dem Tag neue Produkte geliefert. Selbst das feiern die Japaner anscheinend so sehr, dass sie Schlange stehen. Wir haben das  Kärtchen dankend abgelehnt. Sooooo verrückt nach Pokemon bin ich auch nicht.

Also sind wir weiter marschiert und wundern uns warum so viele Menschen unterwegs sind. Als wir um die Ecke kamen, sahen wir dann das Anpan-Man-Museum. Anpan-Man ist eine sehr beliebte Comicfigur bei Kinder. Anpan ist ein Brot, also ist der Anpan-Man ein Brot-Superheld...fragt nicht. Bernd das Brot ist ja auch sehr bleibt :)  Aber das erklärte die vielen Kinder auf der Straße. Und kurz hinter dem Museum haben wir eine Riesenschlange an Menschen gesehen, wohlbemerkt immer noch gegen 10:30Uhr morgens. Google hat mir verraten, dass das eine Konzerthalle war und um 17 Uhr (Einlass 14:30 Uhr) eine Band spielt. Warten und Schlangestehen sind eindeutig die Lieblingsbeschäftigungen hier. 

Aber nicht für uns. Wir haben uns erstmal ein feines Frühstück mit French Toast gegönnt bevor wir dann in das Minato Mirai Gebiet gegangen sind. Minato Mirai bedeutet Hafen der Zukunft und ich habe schon damals im ersten Stipendium hier gerne meine Freizeit verbracht. Ich liebe die Skyline. Marcel schien erstmal nicht so begeistert.

Als wir näher zu dem Gebiet kamen fiel uns natürlich schon der Freizeitpark mit Riesenrad auf und das auch hier einige Menschen unterwegs waren. Wir haben auch noch eine hübsche Tanzeinlage einiger älteren Ladies gesehen. Wir haben dann herausgefunden, dass wir auf der Kirschblütenstraße waren und heute das Kirschblütenfest war. Da haben wir ja wieder ein Glück mit solchen Events. Nur fehlten noch die Kirschblüten. Die Bäume waren komplett kahl. Aber es ist für nächste Woche angekündigt.

Wir liefen weiter Richtung Landmark-Tower, da ich wusste, dass es dort oben eine schöne Aussichtsplattform gibt. Und wir stolpern direkt in die nächste Aufführung einer, ich schätze, Schulband. Während wir dort stehen und lauschen schau ich umher und finde tatsächlich einen Harry Potter Store. Das Nerd-Herz schlug schneller und wir mussten da rein. Nicht nur dass Hogwarts uns in den nächsten Tagen noch mehrmals geplant über den Weg läuft, spontan ist es doch immer am besten. Also sind wir durch einen süßen schrulligen Harry Potter Laden geschlendert und haben uns an all dem Merchandise erfreut.  Man kann sich echt dumm und dusslig kaufen an sowas und zum Glück bin ich sehr beherrscht, aber eine Todesser-Kette hat es mir angetan. Die gibt es auch NUR dort. Hab extra nachgefragt. Tja, dann bin ich anscheinend doch nicht nur Slytherin, sondern auch noch ein Todesser. Ups.

Genug vom Nerd-Sein. Wir haben die Aussichtsplattform gefunden und die Aussicht auf den Hafen ist wunderschön. Klar, Skytree ist viel höher, aber der Hafen direkt unter einem hat einen besonderen Flair. Momentan gibt es sogar eine Kollaboration zwischen dem Landmark-Tower und Doraemon (eine anderes beliebte Anime-Figur), sodass es für Stempelfans eine extra Stempelkarte gab, wo man an verschiedenen Stationen unterschiedliche Farben stempeln muss um ein Gesamtbild zu bekommen. Yeah!

Wieder unten haben wir uns dann entschieden über den Mini-Freizeitpark zu den Sky Cabins zu laufen. Das sind kleine Kabinen die quer über den Hafen schweben, sodass man nochmal eine ganz andere Aussicht auf die Skyline hat. Also voll der Touristenkram, aber genau das wollen wir auch. Die Fahrt war nicht wirklich lang. Wir bereuen es nicht, aber es war jetzt auch nicht supertoll. 

Der Plan sah vor, dass wir dann an den Red Brick Area vorbei zu einem Riesensteg laufen. Dort ist die Osanbashi Hall versteckt. wobei uns nur das Deck mit der Aussicht interessiert hat. Aber auf dem Weg dorthin sind uns immer mehr Leute mit Hunden über den Weg gelaufen. Das fiel uns schon beim French Toast morgens auf. Entweder hatte der Hund eine Klamotte an, fuhr im Kinderwagen oder wurde getragen. Aber einen unbekleideten Hund der normal an der Leine lief, den sahen wir nicht. Und wir sahen nicht nur kleine Fußhupen sondern auch große Golden Retriever und sogar einen Dobermann. Zwischen den Roten Backsteinhäusern der Red Brick Area fand eine Art Hundemesse statt und die Auswahl an süßen Accessoires war riesig und verrückt. Sonnenbrillen und Käppis. Haarschmuck und Kleidchen. Alles was das Hundeherz begehrt.


Da sind wie lieber zu Osanbashi gegangen und haben bei langsam sinkender Sonne, es waren nebenbei rund 24 Grad, den Ausblick auf die Skyline genossen. Aber leider nicht lange, da wir noch eine Verabredung hatten. Damit wir die rechtzeitig schaffen sind wir dann durch Chinatown zur Bahnstation gelaufen. Chinatown war früher auch ein schönes Viertel, aber wie so ziemlich jede Attraktion absolut überlaufen. Da wir nur durchgehuscht sind, war es okay. Hier kann ich erwähnen: Marcel mag Yokohama nicht. Den Hafen schon, aber sonst ist es nichts für ihn. 

Pünktlich haben wir es zu Kyohei und Ryosuke geschafft. Die Jungs kenne ich noch aus alten Studienzeiten. Sie haben an der Keio in Tokyo studiert und waren noch vor meinem Auslandsjahr in Halle, bzw. Leipzig. Ich gestehe, ich hab keinen Plan mehr was wir damals getrieben haben, ich hatte auch all die Jahre keinen Kontakt mehr, aber es gibt alte Fotos und unsere Freundin Katha bat mich für Kyohei Parfum mitzubringen. Das kann man nämlich nicht mehr in Japan (für wenig Geld) kaufen und erst recht nicht mit der Post senden. Aber gegen einen schönen Abend voller Erinnerungen hat doch keiner etwas. Für Marcel war es auch gut, denn die beiden können Deutsch. Es war lustig. Erst sind wir ins Izakaya, eine Kneipe. Marcel hat dort die Freuden der kleinen Snacks entdeckt. Obwohl ich im Japanischen gerne gestolpert bin und die Jungs im Deutschen, war es trotzdem eine gute Unterhaltung. Und so feuchtfröhlich, dass es zu einer Stunde Karaoke geführt hat. Ich hätte nicht gedacht, dass Marcel sich dafür begeistert kann, aber er hat gut mitgesungen. Natürlich gab es den Einstieg mit Nena, aber mit Slipknot und Electric Callboy wurde das Metal-Level gut gehalten. 


Der Abend wurde länger und nach einem zweiten Izakaya-Stopp sind wir dann zusammen nach Hause gefahren. Ryosuke wohnt nur zwei Stationen weiter als unser Hotel ist, sodass keine allein fahren musste. Wir kamen echt kaputt von der Sonne, dem Fußmarsch und dem geselligen Abend nach Hause und sind direkt ins Bett. 

Freitag, 21. März 2025

Alte Freunde und neue Wahrzeichen

 Der Touristentrip geht weiter.

Als absoluten Klassiker muss man neben dem berühmten Meiji Schrein auch den Senso-ji sehen. Vielmehr ist allerdings das Kaminari-mon, das Donnertor, davor bekannt. Bei der Planung für den Urlaub habe ich natürlich alte Freunde kontaktiert und gefragt, ob wer Zeit und Lust hat sich zu treffen. Und glücklicherweise hat Yoann, mein alter bester Freund aus der Japanzeit, tatsächlich Zeit für uns. Da er in der Nähe von Asakusa wohnt und er frei hat, haben wir uns direkt an dem Touristenspot getroffen.

Nach 14 Jahren sieht er noch immer so aus wie vorher und hat sich auch so nicht wirklich verändert. Selbst der französische Dialekt im Englischen ist unverändert. Naja, unsere Gespräche haben ein bisschen mehr Niveau bekommen, aber wir haben auch in den vier Stunden die letzten 14 Jahre zusammenfassen müssen. Für Marcel war es aufgrund der sprachlichen Barriere eher weniger spannend. 

Zusammen sind wir durch die kleine Verkaufsgasse zum Schrein gewandert. Links und rechts gibt es dort Souvenirs und Leckereien. Mal besserer und mal schlechterer Qualität. Aber auf jeden Fall gab es ein omamori für mich bevor wir zu dritt in ein Café gegangen sind, um den Menschenströmen dort zu entgehen. Yoann hatte da eine schöne Empfehlung mit gutem Kaffee. Und weil er sich auskannte, haben wir auch gleich zu Mittag gegessen. Sehr klassisch Japanisch mit einer Auswahl von Fisch, Hähnchen, eingelegten Gemüse und Misosuppe. 

Damit war der traditionelle Teil des Tages relativ schnell erledigt, obwohl ich ursprünglich dachte, dass wir das länger machen. Dafür sind wir aber zum Skytree gegangen. Das neue Wahrzeichen der Stadt was zu meiner Zeit damals noch im Bau war. Der Aussichtspunkt, bzw. der Turm ist 634m hoch. Die Zahl kann ich mir besonders gut merken, weil das auf Japanisch Mu-Sa-Shi heißt und ich an der Musashi studiert habe. Ich Fuchs, ich. Gemütlich sind wir am Sumidafluss entlanggeschlendert und haben uns erstmal Tickets für den Turm geholt. In unserer Reisevorbereitung haben wir viele Tickets bereits seit Wochen gebucht, aber hier dachte ich, dass wir spontan hingehen, es wird ja was frei sein. Nun ja, war es auch, aber erst in 3 Stunden. 


Wie gut, dass in dem Gebäude am Fuße des Skytree unglaublich viele Shops und Restaurants sind. Nachdem Yoann kurz mit in den Pokemon-Shop gekommen ist, hat er sich dann auch verabschiedet. Wir haben die Zeit dann beim Schaufensterbummeln verbracht. Und man kann sich da drin echt verlaufen oder in der Zeit verlieren oder in Geldnot geraten.

Wer keinen Bock auf Shopping hat, der kann in dem Gebäude auch ins Aquarium gehen. Das haben wir spontan gemacht. Es war auch wieder sehr liebevoll gestaltet und hat eine sehr große Auswahl an Quallen beherbergt. Ich habe mal gehört, dass es sehr schwer ist, Quallen zu züchten, weswegen man sie in Deutschland relativ selten in Aquarien findet. Sie sind auf jeden Fall hypnotisierend. Und es gab spannende Exemplare. Große, winzige, fast durchsichtige, welche die tatsächlich Reverse Jellyfish heißen und so aussehen, als lägen sie auf dem Kopf. Auch bei den Goldfischen gab es einige Arten die dort gezüchtet wurden. Die klassischen goldenen, weiße mit rotem Punkt auf der Stirn, mit Glubschaugen.....Wir haben die Zeit auf jeden Fall gekonnt herum bekommen.


Pünktlich zu unserer Zeit ging es dann auch direkt hoch auf 450m, die Höhe der höheren Aussichtsplattform. Da unser Zeitraum recht spät war, haben wir zwar die Sonne und Sonnenuntergang mit dem Blick auf den Fuji verpasst, aber dafür hatten wir die atemberaubende Nachtaussicht. Ich finde nachts sieht man vielmehr wie die Stadt lebt. Die Straßen sehen dann aus wie Adern und es blitzt und blinkt an vielen Ecken. Natürlich haben wir den "alten" Tokyo Tower von dort oben sehen können.

Aber auch hier an diesem sehr modernen Sightseeing Spot waren Massen an Leuten und das Warten auf den Fahrstuhl oder eine bestimmte Fotostelle oder oder oder ist doch ziemlich nervig. Ich würde es trotzdem jedem empfehlen hierzufahren, aber man muss sich wirklich auf die Warteschlangen einstellen.

Da wir dadurch doch viel Zeit in der Höhe verbracht haben, sind wir bequem zurück zur nächsten Bahnstation gewandert und sind nach Hause gefahren. Hört sich fast langweilig an, nach dem vollgepackten Tag von gestern. Aber dafür hatten wir, bzw. mehr ich, die Freude an einem Wiedersehen nach 14 Jahren.

Emotional dachte ich, dass ich mit dem Besuch in Japan viel glücklicher bin. Ich freue mich hier zu sein, dass will ich nicht bestreiten. Aber es ist ein anderes Glück als ich erwartet habe. Es ist nicht so herzüberwältigend und emotional, sondern eher ein leichtes Gefühl der Vertrautheit. Ich fühle mich hier unglaublich wohl, obwohl mir durchaus viele Probleme in Japan bewusst sind und sehe es tatsächlich ein bisschen wie ein Nachhausekommen an. Ich vermute, dass ich über die Jahre das Land für mich enorm romantisiert habe und deshalb an mich selbst diese Erwartung hatte, emotional auszuflippen (das bin ich bisher nur im Poke-Center). Da ich bisher schon ein paar Mal gefragt wurde, ob ich glücklich bin wieder hier zu sein, wollte ich dieses Gefühl mit euch teilen. Ist ja aber auch erst der zweite ganze Tag hier.